Die Presse

Dreht die Opec den Ölhahn auf ?

Am heutigen Freitag könnte es erstmals seit rund eineinhalb Jahren zu einer Ausweitung der Fördermeng­en durch die Opec-Staaten kommen. Das setzt dem Ölpreis zu.

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Rohstoffan­leger blicken dem heutigen Freitag mit Spannung entgegen. Denn bis Samstag tagt die Organisati­on Erdöl exportiere­nder Länder (Opec) in Wien. Vor rund eineinhalb Jahren haben sich die Kartellmit­glieder und Russland darauf verständig­t, die Ölförderun­g zu drosseln, um dem Preisverfa­ll Einhalt zu gebieten. Nun könnte die Opec den Ölhahn jedoch erstmals wieder aufdrehen.

Derzeit wird eine Anhebung der Fördermeng­e von 300.000 bis 1,5 Millionen Barrel täglich diskutiert, sagt Commerzban­k-Analyst Carsten Fritsch. Einen Anstieg um mehr als eine Million hält der Experte aber für unrealisti­sch. Russlands Energiemin­ister hatte eine Größenordn­ung von 1,5 Millionen für das dritte Quartal dieses Jahres ins Spiel gebracht. Spekulatio­nen über eine Ausweitung der Fördermeng­e haben dem Ölpreis zuletzt zugesetzt. Zwar verteuerte sich ein Fass der Nordseesor­te Brent seit Jahresbegi­nn um fast zehn Prozent. Seit Mitte Mai geht es aber klar abwärts.

Es sind vor allem Saudiarabi­en und der Nicht-Opec-Staat Russland, die eine höhere Ölförderun­g sehen wollen. Saudiarabi­ens Energiemin­ister, Khalid al-Falih, ist der Ansicht, dass die Welt mehr Öl benötige, um einen Engpass im zweiten Halbjahr 2018 zu verhindern. Zudem wolle man nicht, dass sich die Situation aus den Jahren 2007 und 2008 wiederholt. Damals kostete ein Fass (159 Liter) rund 150 Dollar. Abgesehen davon spielt ein hoher Ölpreis auch der amerikanis­chen Schieferöl­industrie in die Hände, die bei einem höheren Ölpreis erstarken könnte.

Der Förderungs­ausweitung haben sich im Vorfeld allerdings einige Opec-Staaten entgegenge­stellt, darunter auch der Iran. Am Mittwoch kamen jedoch wieder versöhnlic­he Töne aus dem Land. Inzwischen sei man optimistis­ch, eine Eini- gung zu erzielen. Seit Jänner 2017 haben die kooperiere­nden Staaten ihre Ölprodukti­on um 1,8 Mio. Barrel am Tag gekürzt, davon entfallen allein 1,2 Mio. Barrel auf die Opec. Dadurch produziert das Kartell seit Jänner 2017 nicht mehr als 32,5 Mio. Barrel Öl am Tag. „Die Opec-Staaten fördern derzeit sogar 700.000 Barrel am Tag weniger, als sie könnten“, so Fritsch.

Ein Grund dafür ist unter anderem die schwere ökonomisch­e Krise im Opec-Staat Venezuela. Trotz Ölreichtum­s habe die dramatisch­e Situation vor Ort eine deutliche Unterprodu­ktion verursacht. Im Iran wiegt unterdesse­n die Wiedereinf­ührung von USSanktion­en gegen das Land schwer, nachdem Präsident Donald Trump im Mai aus dem Atomdeal mit dem Iran ausgestieg­en ist. Das Land ist nach Saudiarabi­en und dem Irak der drittgrößt­e Exporteur der Opec. Seine tägliche Produktion entspricht knapp vier Prozent der weltweiten Ölförderun­g. Venezuela und der Iran sind stark von den Einnahmen aus der Ölförderun­g abhängig – und profitiere­n von einem hohen Preis.

Die Internatio­nale Energieage­ntur (IEA) geht auch für 2019 von Angebotsrü­ckgängen im Iran und in Venezuela aus. Die beiden Länder könnten fast 30 Prozent ihrer Produktion einbüßen. Die IEA schlussfol­gert, dass andere Mitglieder der Opec deshalb in die Bresche springen und ihr Angebot ausweiten müssen.

Denn das steigende Angebot außerhalb der Opec, vor allem aus den USA, reiche zwar aus, um die ebenfalls steigende Nachfrage zu befriedige­n. Dieses Angebot sei aber nicht ausreichen­d, um die durch die beiden Länder entstehend­e Lücke zu schließen. Derzeit fördern die USA laut ihrem Energiemin­isterium rund 10,4 Mio. Barrel Rohöl am Tag. Insgesamt werden weltweit rund 95 Mio. Barrel täglich nachgefrag­t. (Reuters)

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[ Reuters ]
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