Im gelben U-Boot mit Ringo Starr
Stadthalle. Mit ein bisschen Hilfe seiner Freunde aus den Bands 10cc, Toto, Men At Work und Santana feierte der Beatles-Schlagzeuger eine sympathische Oldies-Revue.
Irgendwann einmal kommt jeder aufs Oldies-but-Goldies-Radio. Ins Roaring-19-Xties-Stadel. Zum Junggewesenen-Clubbing. Oder in die Wiener Stadthalle, um Witziges (z. B. „Dreadlock Holiday“von 10cc) oder Gewitztes (z. B. „Down Under“von Men At Work), Herziges (z. B. „You’re Sixteen“von Ringo Starr) oder Herzhaftes (z. B. „Evil Ways“von Santana) von gestern zu hören. Oder Grässliches, z. B. „Hold the Line“von Toto.
Ja, über diese Band aus Vorzeigevirtuosen könnte man stets schimpfen, und ihrem Sologitarristen Steve Lukather sollte man immer wieder ausrichten, dass er sich mindestens die Hälfte seiner Töne sparen und für gute Zwecke spenden solle. Diesmal lassen wir das. Denn diesmal hat ihn niemand Geringerer als Richard Starkey vulgo Ringo Starr eingeladen, der Mann, der bei den Beatles das Schlagzeug und in ihrer Banddramaturgie die Rolle des Naiven, des Gutmütigen gespielt hat. Der in der elenden Liverpooler Vorstadt Dingle alle Kinderkrankheiten überlebt hat, um lebenslang ein schlaues Kind bleiben zu können. Um mit 77 Jahren – ja, so alt ist er heute! – rank und schlank, im roten, sehr italienisch geschnittenen Sakko und später im glitzernden Leiberl auf der Bühne zu stehen, hurtig zu tänzeln und sich lauteren Herzens zu freuen, dass alle auf Aufforderung „Ringo!“rufen und bei „Yellow Submarine“erstaunlich richtig mitsingen.
„Don’t Pass Me By“, nun ja
Denn natürlich war unter den elf Songs, die er an diesem Abend selbst sang, dieses unschuldige, ja: paradiesische Lied (Originellerweise mit dem Thema des Led-Zeppelin-Songs „Stairway To Heaven“als Intro). John Lennon und Paul McCartney schrieben es ihm einst auf den Leib. Er selbst habe, nachdem er 1962 zu den Beatles berufen worden war, „a lot of songs“komponiert, erzählte er auf der Bühne: „But none of them were recorded.“Bis 1968, als er sein „Don’t Pass Me By“aufnehmen durfte. Es ist jetzt auch im Programm und es ist, wie soll man’s sagen, noch immer nicht wirklich . . . Nun ja. Schade, dass er nicht lieber „Octopus’s Garden“brachte, aber egal. Dafür sang er das ebenso selbst verfasste „It Don’t Come Easy“, das seine gelassene Weltsicht wunderbar ausdrückt, eine Hymne auf „Peace and Love“, das fetzige „I Wanna Be Your Man“(einst von Lennon/McCartney für die Kollegen aus der Hauptstadt, also die Rolling Stones, geschrieben), den Carl-PerkinsKlassiker „Matchbox“, in dem seine durchaus nicht opulente Stimme heute noch lässig klingt, „Act Naturally“und das ebenso programmatisch bescheidene „With a Little Help from My Friends“. Danach noch „Give Peace a Chance“, und spätestens dann hatte man alle lieb gewonnen, sogar Steve Lukather. Colin Hay von Men At Work sowieso: Selten hat man einen so würdig gealterten Nerd gesehen!
Ein schöner Abend, ideal passend auch zum Jubiläum der guten alten Stadthalle.