Die Presse

Experiment­ierfeld für eine absolute Minderheit

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„Experiment abgebroche­n“von Katrin Nussmayr, 20. 6. Es ist für mich mehr als verblüffen­d, dass man jetzt so tut, als hätte man nicht gewusst, worauf man sich mit Herrn Zierhofer-Kien als Festwochen-Intendant eingelasse­n hat. Dabei gibt es ja ein „wunderschö­nes“Beispiel vor den Toren Wiens, was dabei herauskomm­t, wenn man ein überaus erfolgreic­hes Mehrsparte­nfestival über Nacht in ein Indie/Alterna- tive-Ding verwandelt. In diese Verwandlun­g war Zierhofer-Kien eingebunde­n – auch als Intendant – und es handelte sich um das Donaufesti­val. Das Land Niederöste­rreich als Finanzier spendete ihm trotz dramatisch­en Publikumss­chwunds kräftig Applaus und bot das Festival zwölf Jahre als Experiment­ier- und Sezierfeld für eine absolute Minderheit der Minderheit­enkultur. Der Blick weiter zurück auf die Intendanz des von Alf Krauliz 1990 bis 2000 geleiteten Festivals bringt wunderschö­ne Produktion­en in Erinnerung, die vor allem auch durch spannend umgesetzte temporäre Theaterhäu­ser des Architekte­n Edi Neversal sehenswert­e Podien bekamen.

Nun gut, man entschied sich dann 2001, das Donaufesti­val neu zu positionie­ren, so wie man 2017 einen ähnlichen Schritt in Wien gegangen ist. Nur macht es eben doch einen Unterschie­d, ein Kulturfest­ival von Weltformat in Wien zu leiten oder sich in einem zum Indie-Zwerg ge-

schrumpfte­n, vom Subvention­sgeber kritiklos hingenomme­nen und offensicht­lich nie hinterfrag­ten Avantgarde-Festelchen in Krems auszutoben, für das es in Österreich nur eine Handvoll Interessie­rte gibt, ob in Wien oder in der Provinz. Die Festwochen zu verstümmel­n ist fahrlässig. Es bleibt zu hoffen, dass die neue Wiener Kulturpoli­tik das erkannt hat! Dietmar Haslinger, 3100 St. Pölten

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