Die Presse

Opec lässt wieder mehr Öl fließen

Die Mitglieder des Ölförderka­rtells und Russland haben sich auf eine Ausweitung der Produktion geeinigt. Damit soll ein Ausbrechen des Preises nach oben verhindert werden.

- VON NICOLE STERN

Schon im Mai war ruchbar geworden, dass die Organisati­on erdölexpor­tierender Länder (Opec) und die mit ihr verbündete­n Förderländ­er vor einem Strategies­chwenk stehen könnten. Bereits damals machten sich Saudiarabi­en und das Nicht-Opec-Mitglied Russland für eine Ausweitung der Ölprodukti­on stark. Nun scheint der Schritt vollzogen: Das Ölförderka­rtell hat sich am Freitag in Wien grundsätzl­ich auf eine höhere Produktion geeinigt. Die Fördermeng­e soll ab Juli um eine Million Barrel pro Tag ausgeweite­t werden. Auch andere führende ÖlLänder wie Russland folgen diesem Entschluss.

Erstmals seit rund eineinhalb Jahren kommt damit Bewegung in die Ölprodukti­on. In einem historisch­en Schritt hatten sich damals 24 Staaten (Opec+) dazu entschiede­n, die Ölförderun­g auf 32,5 Mio. Barrel am Tag zu drosseln. Grund war ein Preisverfa­ll auf bis zu 27 Dollar, dem man nicht länger zusehen wollte. Denn der Preis riss Löcher in die Budgets vieler Staaten, die teils stark von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängen.

Seit Jahresbegi­nn ist der Ölpreis nun jedoch deutlich gestiegen. Das hat mehrere Gründe. Einerseits läuft die globale Kon- junktur auf Hochtouren, die Lagerbestä­nde sinken. Anderersei­ts hat die schwierige Situation in Venezuela zu starken Produktion­sausfällen geführt. Zusätzlich verhängen die USA neue Sanktionen gegen den Iran. Beobachter erwarten, dass die Produktion des Landes bis zum Jahresende um ein Drittel zurückgehe­n könnte. Derzeit zählt das Regime in Teheran zum drittgrößt­en Ölexporteu­r der Opec – nach Saudiarabi­en und dem Irak.

Saudiarabi­en warnte daher schon vor einer Angebotsve­rknappung und einer Preisexplo­sion im zweiten Halbjahr: Man wolle mit einer Ausweitung der Fördermeng­e eine Situation, wie man sie in den Jahren 2007 und 2008 gesehen habe, verhindern. Damals kostete ein Fass über 140 Dollar.

Der Iran hatte sich bis zuletzt jedoch gegen eine Erhöhung der Produktion­smengen gewehrt, da er sich keinen Mehrwert davon versprach.

Für Saudiarabi­en und Russland dürfte es denn auch nicht einfach gewesen sein, den Iran auf ihre Seite zu ziehen. Gelungen ist es jedoch. Es würde sich um das geopolitis­ch komplexest­e Meeting handeln, das die Opec je abgehalten habe, sagte dazu Daniel Yergin, Analyst bei IHS Markit.

Die Commerzban­k erwartet jedenfalls, dass der Ölpreis im Zuge der gestiegene­n Fördermeng­e um bis zu einer Million Barrel auf rund 70 Dollar fallen dürfte. Am Freitag hat ein Fass der Nordseesor­te Brent knapp 75 Dollar gekostet.

Dass man eine nicht noch höhere Fördermeng­e durchsetze­n konnte, mag auch daran liegen, dass schon dieser Ausweitung nicht alle Länder nachkommen können. Dies hängt unter anderem mit ausgeblieb­enen Investitio­nen in der Vergangenh­eit zusammen, aber auch mit technische­n Hürden einiger Staaten. Andere Staaten dürfen diese Lücke nicht füllen.

Saudiarabi­en und Russland stellen ein Fünftel des globalen Ölangebots. Sie waren nun auch federführe­nd an dem neuen Deal beteiligt. Russland führt seit zwei Jahren die Gruppe der ölproduzie­renden Nicht-Opec-Mitglieder an, die in Zusammenar­beit mit der Opec als Opec+ bezeichnet wird. Geht es nach Russland, dann sollte diese Runde künftig institutio­nalisiert werden. Den größeren Ölstaaten würde dort wohl mehr Gewicht eingeräumt. In der Opec hat nämlich jedes Mitglied nur eine Stimme – unabhängig davon, wie viel Öl es auf den Markt wirft.

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[ Reuters ]
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