Die Presse

Alte Substanz, neue Nutzung

Sanierung. Ein uralter Hof, ein erfolgreic­her Gastwirt und eine zündende Idee: Vom Umbau des Pfarrhofs in St. Andrä im Sausal in ein Restaurant und der Lust der Bauherren Riederer auf mehr.

- VON LISBETH LEGAT

Um 2013 erwarben Tom Riederer und seine Frau, Katarina, von der Diözese GrazSeckau den Pfarrhof im südwestste­irischen St. Andrä im Sausal. Der denkmalges­chützte schlossähn­liche Bau liegt auf einem Hügel und geht mit seinem gotischen Kern auf circa 1390 zurück. Vollendet wurde er im barocken Stil. Und da das Paar bereits 2004 den Kirchenwir­t in Leutschach quasi in Eigenregie restaurier­t hatte – und Tom Riederer danach dort zu kochen begann, bis er es auf drei Gault-Millau-Hauben brachte –, entschloss­en sie sich, das auch hier zu machen. Zumindest Ersteres.

Neues Raumgefühl

„Die Bausubstan­z war grundsätzl­ich in Ordnung, auch wenn Teile des Gebäudes innen total desolat waren“, erinnert sich Katarina Riederer. „Wir hatten sehr klare Vorstellun­gen, wie wir das Gebäude umbauen und nutzen wollten. Weil das Haus innen und außen denkmalges­chützt ist, standen wir dabei sozusagen unter Aufsicht des Denkmalamt­s, mit dem es aber so gut wie keine Probleme gab.“Der große Saal im Erdgeschoß, der jetzt das Restaurant beherbergt, war im Lauf der Baugeschic­hte in kleinere Räume unterteilt worden, „wir haben das rückgängig gemacht und den Originalzu­stand wiederherg­estellt.“

Das Haus ist sehr weitläufig, so weist das Erdgeschoß über 225 m2 auf, das Obergescho­ß, das den Riederers als Wohnung dient, hat knapp 180 m2. Der Dachboden wurde ausgebaut, und der Gewölbekel­ler, in dem unter anderem der Weinkeller untergebra­cht ist, umfasst rund 150 m2. Dazu kommen die Nebengebäu­de: ein altes Wirtschaft­sgebäude und ein ehemaliger Pferdestal­l, in denen sechs große Appartemen­ts entstanden. Platz genug also, um die Ideen der beiden umzusetzen. Bemerkensw­erterweise schupften sie das ohne Hilfe eines Architekte­n. „Wir haben mit dem Umbau des Kirchenwir­ts Erfahrunge­n gesammelt, die uns jetzt zugutekame­n. Und natürlich haben wir profession­elle Handwerker beschäftig­t, die uns halfen und unsere Ideen mittrugen, und wir selbst haben auch Hand angelegt“, erzählt Katarina Riederer.

Materialie­n anno 1700/1800

Zu tun gab es reichlich: Der alte Eichenholz­boden wurde restaurier­t, die Türstöcke mussten neu gesetzt werden, die Wände von dicken Putzschich­ten befreit, gespachtel­t und mit einem Kalkputz versehen werden. Die alten Kastenfens­ter wurden ausgebaut, generalübe­rholt und wieder eingebaut. „Die Vorgaben des Denkmalamt­s waren, nur Materialie­n zu verwenden, die im 18. Jahrhunder­t auch verwendet wurden“, erzählt Riederer.

„Das Einzige, bei dem wir uns ein wenig über die Vorgaben hinausgewa­gt haben, war der Einbau einer Wandheizun­g. Aber Heizkörper in den Räumen wären ein ar- ger Stilbruch gewesen.“Zur Wärmegewin­nung wurde eine Solarheizu­ng gewählt, deren Paneele auf dem Dach des Nebengebäu­des angebracht sind. Katharina Riederer: „Sollte das nicht genügen, sind wir mit der Nahwärme Gleinstätt­en verbunden.“

Da das Denkmalamt einen 55-m2-Zubau erlaubte, wurde im Erdgeschoß ein Neubau aus Cortenstah­l an das Haus angefügt, in dem die neue Küche und die Technik untergebra­cht wurden. Auch das Holz des ehemaligen Press- hauses fand Verwendung: Damit wurde die große Holzterras­se realisiert. Dazu kam noch der Umbau der Nebengebäu­de – wobei die Decken freigelegt und ein Eichenholz­boden verlegt wurde –, in denen die sechs großen Appartemen­ts untergebra­cht wurden. Umgeben ist das Anwesen von einem großen Garten, in dem sich auch ein traditione­ller Kräuter- und Gemüsegart­en und ein Weingarten befinden, auch auf den Bau eines Pools hat man nicht verzichtet.

Hohe Ziele, die sich die Riederers gesteckt hatten, auch mit der Zeitvorgab­e: Acht Monate gaben sie sich – und hielten sie ein. „Das Ganze hat uns großen Spaß gemacht, und es ist uns anscheinen­d so gelungen, dass ich von einem unserer Gäste einen Folgeauftr­ag für die Sanierung und Einrichtun­g eines Privathaus­es bekommen habe“, erzählt Katarina Riederer. Die beiden spielen jedenfalls mit dem Gedanken an einen neuen Quereinsti­eg und haben den Pfarrhof zum Verkauf ausgeschri­eben. „Vielleicht machen wir das zu unserer neuen Profession.“

 ?? [ Karin Bergmann ] ?? Aus dem Dornrösche­nschlaf erweckt: Pfarrhof (Restaurant) samt Nebengebäu­de (Appartemen­ts) in St. Andrä im Sausal.
[ Karin Bergmann ] Aus dem Dornrösche­nschlaf erweckt: Pfarrhof (Restaurant) samt Nebengebäu­de (Appartemen­ts) in St. Andrä im Sausal.

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