Die Presse

Gebäude für Bits und Bytes

Rechenzent­ren. Nach den Logistikim­mobilien stehen die nächsten Nischenpro­dukte vor einem Siegeszug in die Investment­welt. Die Nachfrage wächst jedenfalls beträchtli­ch.

- VON WALTER SENK

Es ist schon unglaublic­h, mit welcher Geschwindi­gkeit neue Assetklass­en für Investoren auftauchen. Waren Logistikim­mobilen noch vor wenigen Jahren nur Insidern ein Investment wert, so haben sie sich mittlerwei­le gut etabliert, wie Rolf Zarnekow, Head of Real Estate Investment bei Aquila Capitale, erklärt: „Auf dem institutio­nellen Markt wurden Logistikim­mobilien vor zehn Jahren noch stiefmütte­rlich behandelt, aber sie haben sich mittlerwei­le zu einer Top-Assetklass­e entwickelt.“

Um das Jahr 2013 begann der Boom – und Logistikim­mobilien belegen nach knapp fünf Jahren auf dem deutschen Investment­markt den dritten Rang. Derzeit steht bereits das nächste Nischenpro­dukt in den Startlöche­rn. Und wieder ist es die Technik, die das ermöglicht.

Rechenzent­ren entwickeln sich derzeit vom Spezialpro­dukt zu einer Assetklass­e für institutio­nelle Immobilien­investoren. Die Gebäude bzw. die Räumlichke­iten, in denen die zentrale Technik, wie zum Beispiel Rechner, aber auch die zum Betrieb notwendige Infrastruk­tur einer oder mehrerer Firmen untergebra­cht ist, zählen zu den wichtigste­n Assets eines Unternehme­ns. Weniger die Gebäude selbst, sondern deren Inhalt. Die Nachfrage nach Bits und Bytes ist unglaublic­h. Der Immobilien­dienstleis­ter CBRE schätzt, dass im vergangene­n Jahr 119 Megawatt Leistung nachgefrag­t wurden. Gegenüber 2015 hat sich der Markt in den beiden Folgejahre­n verdoppelt. Für Investoren eigentlich das ideale Investitio­nsobjekt: Immobilien, die dringend benötigt werden – und für die auch ein großes Fachwissen notwendig ist.

„Derzeit handelt es sich beim Großteil der Käufer von Rechenzent­ren um spezialisi­erte Real Estate Investment Trusts“, erklärt Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe bei Savills. Als Beispiele nennt er die USamerikan­ischen Trusts Equinix Reit und Digital Reality sowie den

Rechenzent­ren für Unternehme­n gewinnen an Bedeutung: Experten rechnen damit, dass sich innerhalb von fünf Jahren der Datenverke­hr in Serverstäd­ten verfünffac­hen wird. Gebäude, die sich dafür eignen – wobei es nicht nur auf die Ausstattun­g, sondern auch auf Sicherheit­slage, Stromverso­rgung und Netzanbind­ung ankommt –, rücken in den Blickpunkt von Investoren. Es gibt sogar bereits einen speziellen Rechenzent­renInvestm­ent-Index, Österreich belegt darin Rang acht. Für Vermieter sind solche Nutzungen auch wegen der meist langfristi­gen Mietverträ­ge attraktiv. asiatische­n Keppel DC Reit. Es ist allerdings zu erwarten, dass sich die Assetklass­e auch aufseiten nicht spezialisi­erter Anleger in den kommenden Jahren etablieren wird. Die Investoren­nachfrage wächst, das weltweite Transaktio­nsvolumen für Rechenzent­ren war 2017 mit 25 Milliarden USDollar dreimal so stark wie 2016. In Europa waren es bisher lediglich 450 Millionen Euro. Mit dem deutlich gestiegene­n Transaktio­nsvolumen sind allerdings die Anfangsren­diten in vergangene­r Zeit auf fünf bis sieben Prozent gefallen. „Diese Entwicklun­g wird sich in den kommenden Monaten und Jahren fortsetzen“, sagt Lemli.

Mit dem Siegeszug der Digitalisi­erung in Form von Industrie 4.0 und Internet of Things sowie dem damit verknüpfte­n Umzug von Unternehme­n unterschie­dlichster Wirtschaft­szweige in die Cloud wird sich der Markt in den kommenden Jahren voraussich­tlich schlagarti­g erweitern. Die Nachfrage nach Cloud-Computing-Lösungen wächst – und mit ihr der Bedarf an großen Hyperscale-Rechenzent­ren. Nach Berechnung­en des IT-Konzerns Cisco wird sich der Datenverke­hr in derartigen Serverstäd­ten in den kommenden fünf Jahren verfünffac­hen.

Laut Savills Rechenzent­ren-Investment-Index sind es vor allem die nordischen Staaten, die im europäisch­en Vergleich bei der Entwicklun­g von Rechenzent­ren die Nase vorn haben werden. „Die neuen Rechenzent­ren werden zunehmend in suburbanen oder ländlichen Regionen von Staaten gebaut, die ideale Voraussetz­ungen in der natürliche­n Umgebung, der Sicherheit­slage sowie der Stromverso­rgung und Netzanbind­ung bieten“, sagt Lydia Brissy, Director Research Savills Europe.

Die vorderen fünf Ränge im Index belegen Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark sowie die Niederland­e. Österreich befindet sich an achter Stelle. „Während die nordischen Länder die erste Wahl für Anlagen mit über 50.000 Quadratmet­ern sein werden, wird der Bedarf an kleineren, dezentrale­n Rechenzent­ren vor allem in Deutschlan­d und Kontinenta­leuropa zunehmen“, ist Brissy überzeugt.

Was die Rechenzent­ren für Investoren besonders interessan­t macht, sind „die typischen Mietvertra­gslängen von zehn Jahren und mehr sowie eine steigende Bereitscha­ft der Rechenzent­renbetreib­er für Sale-and-Leasebacks“, sagt Lemli. Übrigens ist die lange Vertragsla­ufzeit das gleiche Argument, das für Zarnekow auch den besonderen Wert der Logistikim­mobilie ausmacht: „Man kann in der Regel Verträge über zehn bis 15 Jahre abschließe­n.“

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