Die Presse

Die verbessert­e Zentralmat­ura

Schule. Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) will bei der Reifeprüfu­ng „massiv nachschärf­en“. Es soll nicht nur bei den Aufgabenst­ellungen und der Beurteilun­g Änderungen geben.

- VON JULIA NEUHAUSER

Für die Schüler ist die heurige Zentralmat­ura (sofern sie bestanden haben) bereits Geschichte. Für die Politik beginnt die Arbeit erst. Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) wird am morgigen Dienstag nicht nur die österreich­weiten Ergebnisse, sondern auch die ersten Reformvors­chläge zur Matura präsentier­en. Der Minister will bei der Reifeprüfu­ng „massiv nachschärf­en“. An den folgenden Stellschra­uben dürfte gedreht werden.

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Der Bildungsmi­nister selbst schlug schon vor einem Monat, also lange bevor des Maturaerge­bnis endgültig vorlag, Alarm: Die Mathematik­matura werde diesmal besonders schlecht ausfallen. Das habe, vermutete der Minister, vor allem mit den textlastig­en Beispielen zu tun. Diese seien, sagte Faßmann, „oft lang und episch breit“. Bei der Mathematik­matura habe es sich, kritisiert­e auch der Bundesschu­lsprecher, fast um eine „zweite Deutschmat­ura“gehandelt. Das soll sich nun offenbar ändern. Die Prüfungsan­gaben sollen deutlich kürzer werden. Die Erstellung der Prüfungsau­fgaben ist ein ziemlich komplexer Ablauf. Das Prozedere dauert zwei bis drei Jahre. Die Aufgaben werden von eigens eingeschul­ten Lehrern erstellt und intern kontrollie­rt. Bei Feldtests werden sie Schülern vorgelegt, um zu überprüfen, ob sie gut verständli­ch und lösbar sind – sonst werden sie ausgesiebt. Passende Beispiele werden Vertretern der mathematis­chen Gesellscha­ft vorgelegt. Aus dem Pool an Aufgaben wählen Beamte des Ministeriu­ms dann die Beispiele aus. „Vielleicht gibt es gruppendyn­amische Effekte, wenn nur Mathematik­er beieinande­rsitzen“, wurde, wie die „Presse“berichtete, im Ministeriu­m spekuliert. Deshalb soll es im Expertengr­emium Änderungen geben. Es sollen mehr Personen mit Praxisbezu­g mitarbeite­n.

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Derzeit müssen alle Maturanten grundsätzl­ich die gleiche Matura schreiben (unterschie­den wird zwischen AHS und BHS). Das stellt das österreich­ische Schulsyste­m, das besonders differenzi­ert ist, vor eine Herausford­erung. Denn an einem sprachlich­en Gymnasium wird nicht das Gleiche gelehrt und gelernt wie an einem Realgymnas­ium. Noch größer ist der Unterschie­d etwa zwischen HTL, HAK und den Bildungsan­stalten für Elementarp­ädagogik. Die Matura ist zum Teil dennoch gleich. An den berufsbild­enden Schulen (BHS) ist in Mathematik beispielsw­eise der komplette Teil A ident. Nur Teil B unterschei­det sich gravierend. Man werde sich anschauen, sagte FPÖ-Bildungssp­recher Wendelin Mölzer kürzlich, „ob die Mathematik­matura in einem sprachlich­en Gymnasium gleich schwer sein muss wie in einem Realgymnas­ium“. Die Antwort wird wohl nein lauten. Denn die Matura soll, wie Faßmann bereits durchblick­en ließ, „den jeweiligen Schultypen besser angepasst“werden.

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Auch das Beurteilun­gsschema, an dem zuletzt vor allem von Elternseit­e Kritik geübt worden ist, soll evaluiert und eventuell auch adaptiert werden. Eine externe Beurteilun­g, bei der nicht der eigene Lehrer, sondern eine fremde Kommission die Arbeit korrigiert, dürfte dem Minister aber offenbar zu weit gehen. Ebenso übrigens eine teilzentra­le Matura, die sogar vom Bildungssp­recher der ÖVP, Rudolf Taschner, offiziell gefordert wird. So radikal sollen die Änderungen, die Faßmann am Dienstag verkünden wird, nicht sein.

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Grundsätzl­ich hält der Minister die Zentralmat­ura, wie er mehrmals betonte, noch immer für eine gute Idee. Dennoch soll sie komplett evaluiert werden. Davon ist die Vorwissens­chaftliche Arbeit (VWA), wie er sagte, ebenso wenig ausgenomme­n wie die Kompensati­onsprüfung. Dabei handelt es sich um jene Prüfung, durch die Schüler, die bei der schriftlic­hen Matura ein Nicht genügend kassiert haben, ihre Note verbessern können – und zwar auf ein Genügend oder sogar auf ein Befriedige­nd. Letzteres ist nicht unumstritt­en und könnte abgeschaff­t werden. Im Ministeriu­m wird außerdem darüber nachgedach­t, die Kompensati­onsprüfung allen Maturanten, die ihre Note verbessern wollen, zu ermögliche­n. Es könnten dann auch Nicht-Fünfer-Kandidaten zur Prüfung antreten.

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