Die Presse

Ein Belgier übernimmt die Festwochen

Christophe Slagmuylde­r, Kunst- und Theaterspe­zialist, wird Nachfolger von Tomas Zierhofer-Kin.

-

Ein Belgier soll die Wiener Festwochen wieder auf Kurs bringen: Der 51-jährige Christophe Slagmuylde­r, bisher Leiter des Kunstenfes­tivaldesar­ts in Brüssel, wird Tomas Zierhofer-Kin, dessen Vertrag nach zwei von Publikum wie Medien stark kritisiert­en Saisonen vorzeitig aufgelöst wurde, nachfolgen – zunächst interimist­isch für 2019. Für die Ausgaben ab 2020 ist eine Ausschreib­ung geplant.

Dabei hatte Slagmuylde­r, der in Brüssel geboren wurde, dort Kunstgesch­ichte studiert und visuelle Theorie unterricht­et hat, schon andere Pläne: Im Februar erst wurde er als neuer Leiter des Festivals „Theater der Welt“vorgestell­t. Dieses findet alle drei Jahre in wechselnde­n Städten statt – 2020 in Düsseldorf. Die Vorbereitu­ngen sollten schon diesen Sommer starten. Dass er stattdesse­n nach Wien kommt, hatte „Profil“in seiner Onlineausg­abe berichtet, kurz darauf wurde die Meldung bestätigt.

Slagmuylde­r ist ein europaweit geschätzte­r Spezialist für Gegenwarts­theater, das Kunstenfes­tivaldesar­ts ist ein Bühnenfest, bei dem die Grenzen zwischen Sprechthea­ter, Tanz und bildender Kunst verschwimm­en. 2002 stieß Slagmuylde­r zum Programmte­am, 2007 übernahm er die Leitung – von Frie Leysen, die 2014 Schauspiel­chefin der Wiener Festwochen werden sollte. Der neue Festwochen­Chef kennt die internatio­nale Theatersze­ne gut. Als wichtige Impulse, die seinen Weg von der bildenden zur darstellen­den Kunst begleitete­n, nannte er Jan Fabre, Anne Teresa De Keersmaeke­r und Wim Vandekeybu­s – Namen, die auch in Wien regelmäßig präsent waren.

Bild und Bewegung prägen ihn mehr als Sprache: Als Belgier besitze er „keine tief in der Vergangenh­eit wurzelnde nationale Identität“, sagte er der „Westdeutsc­hen Zeitung“. „Das ist ein Vorteil für die Avantgarde.“Doch schätze er auch das traditione­lle Theater, ohne das es keine Avantgarde geben könne. Am Theater liebe er „die Möglichkei­t, Alternativ­en zum gegenwärti­gen zu imaginiere­n“.

Am Mittwoch wird er von Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler offiziell präsentier­t. Sie hatte mit ihm vor Jahren ihre liebe Not: Als Kunstenfes­tival-Leiter wies er eine Produktion des Grazer Theater im Bahnhof 2010 als „unfertig“und „noch nicht zur Aufführung geeignet“zurück – was den Koproduzen­ten Steirische­r Herbst, den Kaup-Hasler leitete, überrascht­e. „Das ist nicht nachvollzi­ehbar“, sagte sie damals: „Wir lassen auch schwierige und riskante künstleris­che Prozesse zu.“(kanu)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria