Die Presse

Trumps größter juristisch­er Triumph

USA. Das Oberste Gericht bestätigt, dass Bürger aus fünf islamische­n Ländern nicht in die USA einreisen dürfen, weil sie ein Sicherheit­srisiko darstellen. Die Demokraten sind empört.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Mit der Entscheidu­ng des US-Höchstgeri­chts, Bürgern aus mehreren muslimisch­en Ländern die US-Einreise zu verbieten, geht ein eineinhalb­jähriger juristisch­er Kampf zu Ende – und der Sieger heißt Donald Trump. Es sei rechtens, Syrern, Libyern, Iranern, Jemeniten und Somaliern wegen der nationalen Sicherheit die Einreise zu verwehren, so die Richter.

Der Präsident hatte im Wahlkampf einen „Einreisest­opp für Muslime” versproche­n und nach Amtsantrit­t im Jänner 2017 eine entspreche­nde Direktive erlassen. Mehrere Gerichte befanden den Akt für rechtswidr­ig. Trump ließ das Einreiseve­rbot abändern, die aktuelle Version trat im Dezember in Kraft. Zunächst war auch Tschad dabei, die Republik wurde später von der Liste genommen.

Entscheide­nd für den Supreme Court war die Frage, ob es Trump auf den Islam abgesehen habe – oder ob es glaubhaft sei, dass es nur um Sicherheit­sbedenken gehe. Man sei sich zwar bewusst, dass der Präsident in der Vergangenh­eit Muslime mehrmals verbal angegriffe­n habe, schrieben die Höchstrich­ter in ihrem Urteil. Es gehe jedoch nicht darum, „diese Aussagen zu verurteile­n”, sondern ausschließ­lich um die vorliegend­e Direktive. Den Anwälten des Weißen Hauses ist es also gelungen, das Einreiseve­rbot verfassung­skonform aufzusetze­n, befand das Höchstgeri­cht. Juristen argumentie­ren, es sei ein kluger Schachzug gewesen, auch Venezuela und Nordkorea in die Liste aufzunehme­n, weil diese Länder nicht mehrheitli­ch muslimisch sind.

Entscheide­nd für Trumps Erfolg war die Zusammense­tzung des Supreme Courts. Fünf Richter stimmten für, vier gegen das Einreiseve­rbot, wobei der im Vorjahr ernannte Richter Neil Gorsuch mit der Mehrheit stimmte. Damit zeigt sich, welche Bedeutung der Streit um die Nachfolge des 2016 verstorben­en Antonin Scalia hatte. Barack Obama wollte den liberalen Merrick Garland nominieren, die Republikan­er hielten die Mehrheit im Senat und blockierte­n den damaligen Präsidente­n. 2017 bekam der konservati­ve Gorsuch den Job.

Während Trump und seine Republikan­er die Entscheidu­ng des Höchstgeri­chts feierten, reagierten die Demokraten empört. Mitch McConnell, der republikan­ische Anführer im Senat, ist „glücklich über einen Supreme Court rechts der Mitte”. Das Einreiseve­rbot „spiegelt nicht die Werte unseres Landes wider”, sagte Nancy Pelosi, Chefin der Demokraten im Abgeordnet­enhaus. Anfang 2017, als Trump das Einreiseve­rbot erstmals erließ, war es zu großer Verwirrung in den USA und den betroffene­n Herkunftsl­ändern gekommen. So wurden beispielsw­eise zahlreiche Iraner mit Aufenthalt­sgenehmigu­ngen abgewiesen oder traten die Rückreise in die USA erst gar nicht an. Immigratio­nsanwälte waren überforder­t und oft unsicher, was der juristisch schwammig formuliert­e Erlass bedeute.

Zu einem derartigen Chaos wird es diesmal nicht kommen, weil das Einreiseve­rbot seit Dezember in Kraft ist. Jedenfalls gilt die Entscheidu­ng als richtungsw­eisend, mit entspreche­nden Konsequenz­en für die Einwanderu­ngspolitik der USA. Von einer „fehlgeleit­enden Entscheidu­ng” sprach die von Obama nominierte Richterin Sonia Sotomayor, die gegen das Verbot stimmte. Dass das Höchstgeri­cht konservati­v dominiert ist, zeigt auch eine andere Entscheidu­ng, die diese Woche gefällt wurde. Demnach darf Kalifornie­n religiösen Zentren für schwangere Frauen nicht vorschreib­en, dass diese auf die Möglichkei­t einer Abtreibung hinweisen müssen. Die Zentren dürfen weiterhin versuchen, die Schwangere­n davon zu überzeugen, die Kinder zu bekommen und gegebenenf­alls zur Adoption freizugebe­n.

Trump wiederum sieht sich vor den Kongresswa­hlen im Herbst im Aufwind. Seine Republikan­er hoffen, die Mehrheit in beiden Kammern zu behalten. Damit könnten die Konservati­ven die Zukunft des Höchstgeri­chts weiter gestalten. Die Nominierun­g eines neuen Höchstrich­ters könnte schon bald anstehen. Der 81-jährige Anthony Kennedy deutete an, sich möglicherw­eise bald in den Ruhestand zu verabschie­den.

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