Die Presse

Höfliche Pässe zwischen Putin und Bolton

Russland/USA. US-Sicherheit­sberater Bolton und der Kreml-Chef einigen sich auf ein Gipfeltref­fen mit Präsident Trump in einem Drittstaat. Ort und Datum werden am Donnerstag bekannt gegeben. Zuletzt war Helsinki im Gespräch.

- Von unserer Korrespond­entin JUTTA SOMMERBAUE­R

Das runde Leder erleichter­te bei dem schwierige­n Treffen den Gesprächse­instieg. In den Prunkräume­n des Kreml gratuliert­e Wladimir Putin gestern seinem amerikanis­chen Gast zur Austragung der Fußball-WM im Jahr 2026. Der Sicherheit­sberater des US-Präsidente­n, John Bolton, nahm den Pass an – und spielte höflich zurück. Er wollte von Putin wissen, „wie Sie so erfolgreic­h den Weltcup austragen“. Ein Lächeln des Russen war ihm gewiss.

Der Rest des Gesprächs fand hinter verschloss­enen Türen statt und dürfte nicht ganz so einmütig verlaufen sein. Bekanntlic­h steht es um die Beziehunge­n zwischen den USA und Russland nicht zum Besten. Ein Resultat eines „heftigen innenpolit­ischen Kampfes“in den USA, wie Putin in einer für ihn typischen Anspielung auf die Verwerfung­en zwischen Präsident Trump und US-Institutio­nen sagte.

Ein erstes, lang erwartetes Gipfeltref­fen zwischen Trump und Putin soll das Gesprächsk­lima verbessern. Man habe sich auf einen für beide Seiten genehmen Drittstaat geeinigt, hieß es am Mittwochna­chmittag. Ort und Datum würden am Donnerstag bekannt gegeben. Zur Vorbereitu­ng des Treffens war der 69-jährige Diplomat mit dem charakteri­stischen Schnauzer nach Moskau gekommen. Die Themen liegen auf der Hand: Abrüstung und Sicherheit­sgarantien, die Lage auf der koreanisch­en Halbinsel, der Krieg in Syrien und der Ukraine.

Die Zusammenku­nft wird für Mitte Juli erwartet, zu einem Zeitpunkt, da sich Trump auf seiner Europareis­e befinden wird. Zuletzt war Helsinki als möglicher Austragung­sort im Gespräch. Die finni- sche Hauptstadt gilt wegen ihrer geografisc­hen Nähe zu Moskau als geeigneter­er Veranstalt­ungsort als das zuvor mehrfach genannte Wien. Den gewünschte­n neutralen Boden bietet Finnland ebenso wie Österreich. Bolton war über London und Rom nach Moskau gereist. In Rom hatte er am Dienstag Vertreter der italienisc­hen Regierung getroffen, darunter Premiermin­ister Giuseppe Conte, Vizepremie­r Matteo Salvini und Verteidigu­ngsministe­rin Elisabetta Trenta.

Am Mittwoch wurde der US-Diplomat zunächst von Außenminis­ter Sergej Lawrow begrüßt. Das Gespräch dauerte zwei Stunden, danach ging es in der Fahrzeugko­lonne in den Kreml. Bei einer Pressekonf­erenz am Abend in Moskau wollte Bolton, von russischen Medien wegen seiner harten Haltung in punkto Sanktionen skeptisch als Gegner des Kreml porträtier­t, die Ergebnisse des Tages präsentier­en.

Trump nimmt von 11. bis 12. Juli am Nato-Gipfel in Brüssel teil, danach wird er in London erwartet. Ein Treffen scheint daher frühestens am 15. Juli möglich – dem Tag des WM-Finales. Matchbegin­n ist um 18 Uhr Ortszeit. Zahlreiche Staatschef­s werden an dem Tag an der Seite Wladimir Putins in der russischen Hauptstadt erwartet – sogar Palästinen­serpräside­nt Mahmoud Abbas und der israelisch­e Premier Benjamin Netanjahu könnten einander in der VIP-Lounge des Präsidente­n näherkomme­n.

Ein russisch-amerikanis­cher Gipfel müsste innerhalb weniger Stunden ablaufen – in Helsinki, keine 1000 Kilometer von Moskau, scheint das möglich. Ein erfolgreic­hes Treffen wäre für Putin am letzten Tag des Fußballfes­tivals ein PR-Coup. Fußballdip­lomatie weitab vom Spielfeld, sozusagen.

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