Die Presse

Beraten statt strafen: Warnung vor „Schnapside­e“

Koalitions­plan. Die SPÖ fürchtet illegale Handlungen, auch der Wien-Tourismus warnt vor Verschlech­terungen.

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Scharfe Kritik übt SPÖ-Justizspre­cher Hannes Jarolim am Vorhaben der Regierung, im Verwaltung­sstrafverf­ahren künftig das Prinzip „Beraten statt Strafe“zwingend vorzusehen. Das sei „eine Schnapside­e der Sondersort­e“– und werde den Lebensstan­dard im Hinblick auf Umweltemis­sionen, unzumutbar­en Lärm durch Lokale, illegale Wettuntern­ehmen oder verbotene Hütchenspi­ele massiv verschlech­tern.

„Die Regierung liefert den Menschen im Land frei Haus massive Verschlech­terungen ihrer Lebensbedi­ngungen, welche diese dann noch selbst finanziere­n dürfen“, meint Jarolim in Bezug auf den hohen Verwaltung­saufwand, den die Novelle mit sich bringe. Denn die Behörden müssten künftig kontrollie­ren, wie oft ein Missetäter bereits gegen eine Vorschrift verstoßen hat. Erst beim zweiten Vergehen binnen drei Jahren würde er bestraft werden können.

Laut Jarolim würden etwa im Umweltbere­ich massive Verschlech­terungen drohen, habe doch allein die Stadt Wien im Jahr 2017 neben 7400 Organstraf­en auch 880 Anzeigen wegen schwerer Übertretun­gen erstattet. „Wenn ein Beratungsg­espräch die drohende Konsequenz für rücksichts­loses Handeln ist, wird dieses erst so richtig hoffähig gemacht“, befürchtet Jarolim.

Rauch, Kot und Betrug?

Auch Wiens Tourismusd­irektor, Norbert Kettner, übt Kritik an der von der Bundesregi­erung geplanten Novelle zum Verwaltung­sstrafgese­tz. Er befürchtet, dass man beispielsw­eise keine Handhabe mehr gegen betrügeris­che Hütchenspi­eler, bei Lärmbeläst­igung oder bei Verstößen gegen den Nichtrauch­erschutz haben würde. „Die geplanten Änderungen würden auch dem internatio­nalen Trend total zuwiderlau­fen“, sagt Kettner. Erst am Dienstag hatte Umweltstad­trätin Ulli Sima (SPÖ) vor negativen Konsequenz­en durch die Änderungen gewarnt. Die Folge wären etwa verdreckte Gehsteige mit Hundekot oder illegale Wettlokale, so ihre Befürchtun­g. (APA)

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