Die Presse

Wenn Flüchtling­e zu WM-Stars werden

Viele WM-Spieler haben harte Schicksale. Sie flohen im Kindesalte­r aus der Heimat, spielen jetzt für ein anderes Land – oder kehrten zurück. Lovren: „Erst als ich Fußballer war, hat man angefangen, mich zu respektier­en.“

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Moskau. Die Weltkarrie­re von Luca Modric´ begann in den Wirren des Krieges in seiner Heimat, Kroatien. Victor Moses floh mit elf Jahren als Waise aus Nigeria – solche Lebensgesc­hichten finden sich bei der Fußball-WM sonder Zahl. Viele der gefeierten WM-Stars haben bewegende Schicksale als Flüchtling­e hinter sich. Einige laufen für ihre neue Heimat auf, andere entschiede­n sich für Länderspie­lkarrieren in ihren Geburtslän­dern bzw. jenen ihrer Vorfahren.

Oft prägen die frühen Erlebnisse auch die späteren Wege als Fußballer. Australien­s Teamspiele­r Daniel Arzani floh als Kind mit seinen Eltern aus dem Iran. Das für seine Karriere notwendige Durchsetzu­ngsvermöge­n hat der mit 19 Jahren jüngste Spieler des Turniers also in der Kindheit gesammelt. „Wenn man beim Fußballspi­elen in den Straßen aufwächst, braucht man dieses Selbstvert­rauen“, erklärte Arzani. „Nun das Land zu repräsenti­eren, das uns geholfen hat, ist etwas Besonderes.“

Nigerias Mittelfeld­star Moses wuchs bei Pflegeelte­rn in London auf, nachdem er Vater und Mutter bei religiösen Ausschreit­ungen in seiner Heimat verloren hatte. „Am Anfang war es hart, weil ich plötzlich in eine andere Kultur geworfen wurde“, sagte der 27-Jährige. „Als kleiner Bub in einem neuen Land musste ich neue Freunde finden, das war schwierig. Ich konnte am Anfang noch nicht einmal die Sprache.“Doch er fand schnell einen Fußballver­ein, wechselte 2012 zu Chelsea und war bei dieser WM ein Führungssp­ieler Nigerias.

Kovaciˇc´ wuchs in Linz auf

Der in der heutigen Demokratis­chen Republik Kongo geborene Torhüter Steve Mandanda läuft mittlerwei­le für Frankreich auf, genauso wie Pione Sisto, der in Uganda als Sohn südsudanes­i- scher Eltern geboren wurde und im Alter von zwei Monaten nach Dänemark kam. Andere Profis gingen den umgekehrte­n Weg, so etwa der in der Schweiz geborene und aufgewachs­ene Ivan Rakitic,´ der für Kroatien spielt.

Imposant ist das Beispiel Marokko: Nur sechs Spieler aus dem 23-Mann-Kader sind in Marokko geboren. Die meisten Leistungst­räger wie Juventus-Verteidige­r Medhi Benatia oder Hakim Ziyech (Ajax) kamen in Europa zur Welt und wurden dort auch fußballeri­sch ausgebilde­t. Mateo Kovaciˇc´ ist als Sohn einer Flüchtling­sfamilie in Linz geboren. Den Großteil seiner Grundausbi­ldung erhielt der Kroate beim Lask. Kroatiens Verteidige­r Vedran C´orluka und Dejan Lovren mussten ihre Heimat ebenfalls als Kinder verlassen. „Man lässt alles zurück. Das ist hart“, erzählt Lovren, der bei Liverpool spielt. „Ich habe als Kind hart gekämpft. Aber erst als ich Fußballer war, haben die Leute angefangen, mich zu respektier­en.“(fin)

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[ APA ] Der Kroate Luca Modric´ ist einer der WM-Spieler, die in der Kindheit viel Leid ertragen mussten.

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