Die Presse

Wie aus sieben Cent Milliarden werden

Die Verstaatli­chte hatte in den Kärntner Bergen einen Schatz entdeckt. Das Geschäft machen aber Australier. So geht Staatswirt­schaft: Die ÖIAG hat das größte Lithiumlag­er Europas verschenkt.

- VON JOSEF URSCHITZ E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

In den dunklen Wäldern der Kärntner Weinebene lagert auf 1400 Metern Seehöhe tief im Berg ein unermessli­cher Schatz: Lithium. Das Zeug, das man unter anderem für die Akkumulato­ren von Elektroaut­os in rauen Mengen benötigt.

Vor ein paar Tagen wurde die beschaulic­he Ruhe auf der Alm empfindlic­h gestört: Rund 100 internatio­nale Investoren wurden vom Eigner der Abbaurecht­e, der auch in Wien börsenotie­rten European Lithium, in die verwunsche­ne Mine geführt. Das Ziel der Aktion: Die Gesellscha­ft, eine Tochter des australisc­hen Bergbaukon­zerns East Coast Minerals, braucht Investoren­kapital, um, wahrschein­lich schon im kommenden Jahr, mit der Hebung des Schatzes zu beginnen. Es handelt sich immerhin um das mit Abstand größte Lithiumvor­kommen Europas. 10.000 Tonnen möchten die Australier dort jährlich aus dem Berg holen. Die Tonne kostet derzeit an die 16.000 Dollar, der Preis steigt ebenso wie die Nachfrage stark.

Sehr schön. Und jetzt die Preisfrage: Wie kommen Australier zu lukrativen Schürfrech­ten auf dem Koralmrück­en? Tja, das ist eine Geschichte über das Geschick staatliche­r österreich­ischer Unternehme­n, wie wir sie auch aus anderen Sektoren kennen. Und die geht so: In den Achtzigerj­ahren begann die staatliche Bergbauhol­ding das Vorkommen zu erschließe­n. Es wurde viel Geld in Probebohru­ngen und Stollenbau investiert, aber dann verloren die Staatsknap­pen die Lust: zu teuer, zu aufwendig. Der ganze Krempel wurde also an die Kärnt- ner Montanindu­strie derer von Henckel-Donnersmar­ck verklopft. Um einen Schilling. Für die Jüngeren unter uns: sieben Eurocent.

Im Schloss zu Wolfsberg wurde man mit dem verwunsche­nen Schatz aber auch nicht glücklich. Eigentlich hatte man nur Kosten und Scherereie­n. Die Schürfrech­te wurden 2011 also weitergege­ben. Diesmal um zehn Mio. Euro an die Australier.

Eine recht nette Wertsteige­rung. Trotzdem ein Schnäppche­n. Denn bei steigenden Preisen können aus den zehn Millionen schnell Milliarden werden. Und so findet unsere Bergbau-Sage aus den Kärntner Bergen doch noch ein glückliche­s Ende. Wenn auch nicht für den Staat, der hier wieder seine unternehme­rische Inkompeten­z demonstrie­rt hat.

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