Der Drang zur Öffentlichkeit
PR. Den Kika/Leiner-Deal hat vor einer Woche eine Anwaltskanzlei publik gemacht. Und nicht die Vertragspartner. Das zeigt, wie wichtig Anwälten Werbung in eigener Sache ist.
Vergangenen Donnerstag in den späten Abendstunden einigten sich die Verhandler der Steinhoff-Gruppe mit jenen von Rene´ Benkos Signa-Konzern über den Verkauf der Möbelkette Kika/Leiner. Doch anders als sonst üblich informierten nicht die Vertragspartner die Öffentlichkeit vom Abschluss des Deals, sondern die Anwaltskanzlei Wolf Theiss. Sie vertrat allerdings nicht die Hauptakteure, sondern die von der Steinhoff-Gruppe gehaltene Zwischengesellschaft Hemisphere.
Dieses wohl nicht abgestimmte Vorpreschen sorgte nicht nur für Verstimmung bei Steinhoff und Signa, sondern auch für rege Diskussion in der Anwaltsbranche. So ein Vorgehen sei inakzeptabel und bisher noch nicht dagewesen, so der Tenor. Keiner der Kopf schüttelnden Anwälte wollte freilich genannt werden. Womöglich ahnen sie, dass so ein Versehen auch ihnen passieren kann.
Wie auch immer, eines zeigt die Sache deutlich: wie wichtig es Anwaltskanzleien heute ist, auf sich aufmerksam zu machen und mit aktuellen Fällen zu werben. Bis 1999 mussten sich Anwälte hierzulande PR-mäßig in Zurückhaltung üben. Denn rechtlich war ihnen jede Form der Werbung untersagt. Dem Selbstverständnis – vor allem älterer Anwälte – hätte das auch gänzlich widersprochen. Die nachkommende Juristengeneration sah das schon anders. Trommeln gehört eben zum Geschäft, so die Devise. Mit Klienten werben zu können, sei wichtig – ihr Einverständnis vorausgesetzt.
Seitdem hat jede Kanzlei, die etwas auf sich hält, viel Geld für Werbebudgets locker gemacht. Eigens dafür angestellte Mitarbeiter oder externe Experten haben dafür zu sorgen, dass die Firma und ihre Anwälte im Glanzlicht erstrahlen. Vor allem will man besser, interessanter und kompetenter als die Konkurrenz dastehen. „Sich als Anwalt und als Kanzlei auf dem Markt zu positionieren, wird immer wichtiger“, sagt Sabine Schnabel, die in Österreich viele Anwaltskanzleien im Bereich strategische PR und Kommunikation betreut: „Das gilt längst nicht mehr nur für große Kanzleien, sondern ebenso für kleinere und mittelständische.“
Was aber bringt es, wenn Kanzleien Medien und Kunden ratzfatz von jedem noch so kleinen Deal berichten? Erik Steger, Managing Partner von Wolf Theiss: „Im Zusammenhang mit herausfordernden Transaktionen kann eine Kanzlei auf diese Weise zeigen, was sie kann. Das schafft ein Alleinstellungsmerkmal.“Dass die Information über die eigenen Leistungen heute viel schneller erfolgt als noch vor einigen Jahren, sei ein Zug der Zeit: „Medien leben von Geschwindigkeit. Wenn zu lange zugewartet wird, ist das Thema schon nicht mehr aktuell.“
Doch die diversen Erfolgsmeldungen spielen auch in einem anderen Zusammenhang eine Rolle: bei Rankings, die vor allem für international tätige Anwälte immens wichtig sind. Wer in den weltweit anerkannten Listings wie etwa Chambers, Legal 500 oder IFRL 1000 Erwähnung finden will, muss den Herausgebern nicht nur Rede und Antwort stehen, sondern auch Unmengen an Daten zur Verfügung stellen, um zu beweisen, dass man zu den Besten im Lande gehört. Deal-Meldungen und Referenzen inklusive. „Die genannten Rankings haben in der Tat eine hohe Bedeutung“, sagt Experte Raffael Büchi, der acht Jahre als Anwalt bei der zweitgrößten Kanzlei der Schweiz, Bär & Karrer, tätig war: „Ein Leiter einer Rechtsabteilung oder ein Vorstand muss die Wahl eines Anwalts intern rechtfertigen können und sich daher absichern. Ein Anwalt, der in renommierten Rankings genannt wird, genießt eine gewisse Reputation.“
Allerdings gibt es nicht nur seriöse Rankings. Im Gegenteil. Vielen Herausgebern ist es nicht wichtig, etwas über die Qualität von Anwälten und Kanzleien herauszufinden. Vielmehr wissen sie, dass sich mit deren Eitelkeit gutes Geld machen lässt. Und so ist es möglich, dass sich jeder Anwalt gegen entsprechende monetäre Gegenleistung in irgendeiner Publikation unter den „weltweit führenden Lawyers“finden kann. Auf der Strecke bleibt der Klient, der nicht wissen kann, ob die Nennung Aussagekraft hat oder nicht.
Während Erik Steger überzeugt ist, dass es sich heute keine Kanzlei leisten kann, nicht für sich zu werben, behauptet Clemens Jaufer von der Kanzlei Scherbaum Seebacher das Gegenteil: „Unsere Arbeit ist unsere beste Werbung. Wenn unsere Mandanten und alle anderen Involvierten sehen, dass wir ein Projekt erfolgreich abwickeln, lässt das nächste nicht auf sich warten.“Michael Enzinger, Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer, sieht das genauso: „Werbung ist für den Erfolg nicht erforderlich. Das beste Marketing ist hoch qualifizierte Arbeit, die auch preisangemessen ist. Und es zählen Empfehlungen, langjährige Kunden und deren Pflege.“Was hält Enzinger von Rankings? „Viele, vor allem jene, die auf gegenseitige Empfehlung beruhen, sind für die Klienten völlig irrelevant. Jenen, die teilnehmen, geht es vielmehr darum, der eigenen Konkurrenz Flagge zu zeigen.“