Freiheit auf dem Zuckermarkt
Quoten und Mindestpreise für Zucker sind in der EU Geschichte. Für die Konzerne heißt das mehr Wettbewerb und niedrigere Preise.
Details soll es erst am 12. Juli geben. Aber die Eckpunkte sind bekannt: Der heimische Zucker-, Stärke- und Fruchtkonzern Agrana musste für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres ein deutlich schlechteres Ergebnis verlautbaren als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das Betriebsergebnis (Ebit) sank von 69,8 auf 37 Millionen Euro und hat sich damit beinahe halbiert. Auch nicht gerade blendend entwickelte sich der Umsatz: Der ging von 684,2 auf 630,3 Millionen Euro zurück.
Für das Gesamtjahr rechnet der Konzern mit einem Ergebnisrückgang. Im Segment Stärke werde der Rückgang „deutlich“sein, bislang war man von „moderat“ausgegangen. Dafür verantwortlich seien – unter anderem – sinkende Verkaufspreise bei Bioethanol.
Es gab schon bessere Zeiten für Zuckerproduzenten. Der Agrana-Miteigentümer Südzucker brachte es kürzlich auf den Punkt: Die Zuckererzeugung sei weltweit stärker gestiegen als der Verbrauch, der Wechselkurs des Euro zum Dollar sei „ungünstig“und „die Zuckerpreise auf dem Weltmarkt und in Europa kennen momentan nur eine Richtung: nach unten“, so das deutsche Unternehmen Mitte Mai. Der Zuckerpreis in der EU erreichte zu Jahresbeginn ein historisches Tief. Seit dem Auslaufen der EU-Zuckermarktordnung im Herbst 2017 hat der Wettbewerb deutlich angezogen.
Produktionsquoten, garantierte Mindestpreise und Ausfuhrbeschränkungen, mit denen der Markt in der Europäischen Union jahrelang reguliert worden war, sind seit der Liberalisierung endgültig Geschichte. Als Folge der globalen Überproduktion sank der Weltmarktpreis für Zucker zuletzt auf ein Siebenjahrestief.
In der vergangenen Bilanz des in Wien ansässigen Unternehmens war davon noch wenig zu spüren: Da legte das Konzernergebnis um 21 Prozent auf 142,6 Mio. Euro zu. Der Gesamtumsatz stagnierte bei 2,6 Milliarden Euro, so die Zahlen vom Mai. Alle drei Segmente trugen, so Konzernchef Johann Marihart, zum Wachstum bei. Mit Frucht und Stärke konnten sogar „All-time-highs“erzielt werden. Im ersten Halbjahr habe auch das Segment Zucker zur Verbesserung beigetragen, dann seien aber die Auswirkungen des Wegfalls der Zuckerquoten mit starkem Preisdruck spürbar geworden.
Den Gewinn teilt die Agrana, die bei Endkunden vor allem mit der Marke „Wiener Zucker“bekannt ist, auch mit den Aktionären: Die Dividende soll von vier auf 4,5 Euro je Aktie angehoben werden. Das ist ein Rekordhoch. Der Vorschlag muss noch auf der Hauptversammlung am 6. Juli abgesegnet werden. Das Unternehmen beschäftigt 8700 Mitarbeiter an 58 Standorten weltweit.
Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Konzernchef Marihart einen „deutlich niedrigeren“Gewinn. Der europäische Branchenführer Südzucker rechnet sogar mit einem Verlust von bis zu 200 Millionen Euro.