Nach der großen Party folgte erst einmal Ernüchterung beim Neueinsteiger an der Wiener Börse
Der Börsengang der ehemaligen Gewerkschaftsbank Ende des vergangenen Oktobers sorgte für große Aufmerksamkeit. Trotz neuerlichen Rekordgewinns verlief die Performance seither allerdings eher durchwachsen.
Es war eine ganze Reihe an Superlativen, mit denen die Bawag bei ihrem Börsengang Ende des vergangenen Oktobers aufwarten konnte. Einen Tag vor dem heimischen Nationalfeiertag legte die ehemalige Gewerkschaftsbank mit einem Volumen von 1,93 Mrd. Euro nicht nur den größten Börsengang hin, den der Finanzplatz Wien bisher je erlebt hatte. Es war auch der größte im deutschsprachigen Raum seit dem Jahr 2000 und bis zu diesem Zeitpunkt auch der drittgrößte in Europa im Jahr 2017.
Nur zwei Tage später wurde die Bawag auch bereits in den heimischen Leitindex ATX aufgenommen. Knapp vierzig Prozent des Unternehmens werden seither an der Wiener Börse gehandelt, den Rest halten nach wie vor die beiden US-Hauptaktionäre Cerberus und Golden Tree. Ersterer hatte die Bank kurz nach dem Bawag-Skandal um Karibik-Geschäfte vor nunmehr elf Jahren für 3,2 Mrd. Euro gekauft und seither saniert.
Mit einem Ausgabepreis von 48 Euro fand sich die Bank bei ihrem Börsengang zwar am unteren Ende der Preisspanne von 47 bis 52 Euro ein, dennoch wurde von Marktbeobachtern auch dieser Wert noch als „ambitioniert“bezeichnet. Und zumindest die Performance des ersten halben Jahres scheint den Skeptikern Recht zu geben.
So sackte der Kurs der Bawag bereits in den Tagen nach dem Börsengang merklich ab. Anfang des Jahres gab es zwar kurz eine Erholung in etwa auf den Ausgabekurs, seither hat die Bawag jedoch wieder nachgegeben und notierte zuletzt knapp unter 40 Euro – ein Minus von mehr als 15 Prozent.
Dies, obwohl die Bank für das Jahr 2017 neuerlich einen Rekordgewinn vermelden konnte. So berichtete die Bawag unter dem Strich ein Ergebnis von 517 Mio. Euro. Gegenüber dem Jahr zuvor war das ein Plus von 12,3 Prozent. Der Zinsertrag wurde um 8,1 Prozent auf 791,3 Mio. Euro gesteigert, das Provisionsergebnis erhöhte sich um 12,4 Prozent auf 216,9 Mio. Euro. Das Ergebnis liege „weit über unseren Erwartungen“, erklärte Bawag-Chef Anas Abuzaakouk. „Es war ein außergewöhnliches Jahr.“
Heuer konnte die Bawag an diesen Erfolgslauf nicht mehr ganz anschließen. So musste sie für die ers- ten drei Monate einen Rückgang des Nettogewinns um neun Prozent auf 86,5 Mio. Euro bekannt geben. Laut dem Finanzinstitut lag dieser Rückgang jedoch an vorgezogenen regulatorischen Kosten wie etwa den Zahlungen für den europäischen Abwicklungsfonds oder die Aufsichtsgebühren für FMA und EZB. Bereinigt um diese Kosten wäre der Nettogewinn mit 106 Mio. Euro über dem Vorjahresergebnis von 95,1 Mio. Euro gelegen, so die Bank.
Operativ ist die Bawag zurzeit gerade dabei, ihr strategisches Konzept vollkommen umzukrempeln. Die langjährige Partnerschaft mit der Post wird nun bereits per Ende 2019 vorzeitig beendet, die gemeinsam betriebenen Filialen werden aber schon längst auseinanderdividiert. Während die Post für ihre 359 Filialen nun einen neuen Bankpartner sucht, will die Bawag ihre 74 eigenen Filialen in den nächsten Monaten auf 100 erhöhen.
So soll das österreichische Geschäft ausgebaut werden, in dem die Bawag dank rigider Kosteneinsparungen zuletzt erfolgreich unterwegs war. Teil der Erfolgsstory ist aber auch ein vielfach nicht so stark beachtetes internationales Geschäft. So legt die Bank mit rund 20 Mrd. Euro etwa die Hälfte ihrer Assets auf den internationalen Finanzmärkten an.