Die Rekordjagd ist wieder eröffnet
Mit dem besten Ergebnis der Firmengeschichte und dem zweiten Rekordgewinn in Folge hat die Bank die Krise endgültig vergessen gemacht. Sie profitiert von der Erholung im Osten.
Die Ergebnisse erinnern langsam wieder an die Zeit vor dem Jahr 2008. Denn nach harten Jahren der Krise kann auch die größte heimische Bank, die Erste Group, wieder regelmäßige Rekordgewinne vermelden. Das Jahr 2017 war dabei besonders gut. So verdiente die Erste mit einem Nettogewinn von 1,32 Mrd. Euro nicht nur um 51 Mio. Euro mehr als im Jahr zuvor, es war auch der höchste jemals erzielte Wert und das zweite Rekordergebnis in Folge.
Aufgrund der guten Zahlen konnte sich Konzernchef Andreas Treichl bei der Präsentation der Bilanz auch einen kleinen Seitenhieb auf den amerikanischen Nobelpreisträger Paul Krugman nicht verkneifen. Dieser habe „vor ziemlich genau neun Jahren von einem ,Argentinien an der Donau‘ gesprochen. Er hat nicht recht behal- ten“, erinnerte Treichl Ende Februar an die Aussagen Krugmans, wonach Österreich aufgrund der starken Verflechtung seiner Banken in Osteuropa eine Staatspleite drohen würde.
Denn auch wenn Osteuropa von der Krise einst besonders stark gebeutelt wurde, ist die Erholung der Region nun auch das Geheimnis des zurückgekehrten Erfolgs der heimischen Banken – wie auch der Erste Group. So ist etwa 2017 kein osteuropäisches Land, in dem das Finanzinstitut aktiv ist, schwächer gewachsen als die Eurozone. Drei Länder (Tschechien, Ungarn und Rumänien) haben inzwischen bereits eine geringere Arbeitslosenrate als Österreich.
Diese wirtschaftliche Stabilisierung führt dazu, dass osteuro- päische Kreditnehmer auch weniger Probleme als in den vergangenen Jahren haben, ihre aufgenommenen Darlehen zurückzuzahlen. Im Gegenteil: Manch einer, der noch bis vor kurzem arbeitslos war, hat nun wieder einen Job und kann mit zwischenzeitlich stillgelegten Rückzahlungen wieder beginnen.
Die Banken spüren das durch massiv gesunkene Risikokosten. Im Jahr 2017 vermeldete die Erste mit 132 Mio. Euro ein neues Rekordtief. Nur noch für 0,09 Prozent aller Kundenkredite musste eine bilanzielle Vorsorge getroffen werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2014, als das Institut einen Verlust von 1,44 Mrd. Euro vermelden musste, lagen die Risikovorsorgen noch beim Wert von 2,16 Mrd. Euro.
Daher gibt es nun Rekordgewinne, obwohl die operativen Er- träge in den vergangenen Jahren aufgrund des Niedrigzinsumfeldes gesunken sind. Konnte die Erste 2014 noch Betriebserträge von 6,88 Mrd. Euro vermelden, waren es 2017 nur mehr 6,67 Mrd. Euro.
Dass die Gesamtsituation der Banken aktuell von den von der Europäischen Zentralbank künstlich tief gehaltenen Zinsen komplett verzerrt wird, sieht auch Erste Group-Chef Treichl so. Es sei daher auch für die Finanzinstitute mitunter schwierig, ein „Gefühl“für die echten Risikokosten zu entwickeln. Die Bank rechnet daher auf jeden Fall damit, dass die aktuelle Schönwetterperiode ein Ablaufdatum hat. Erschwerend komme hinzu, dass – ebenfalls aufgrund der niedrigen Zinsen – die Immobilienmärkte in vielen Städten bereits „total überhitzt“sind. Das treffe teilweise auch auf Wien zu.
Im ersten Quartal dieses Jahres ging die Party allerdings noch weiter. So konnte die Erste ihren Nettogewinn um mehr als ein Viertel von 262,2 Mio. Euro auf 332,6 Mio. Euro steigern. Die Quote der faulen Kredite sank neuerlich von vier auf 3,7 Prozent. An der Börse machte die Aktie nach einem Zwischenhoch im Februar mit leicht über 41 Euro seither jedoch eine deutliche Korrektur durch. Analysten empfehlen das Papier dennoch überwiegend zum Kauf. 17 sagen „Buy“, sieben plädieren für „Hold“und nur einer sagt „Sell“.