Wie man Geld aus Flüssen pumpt
Der größte österreichische Stromkonzern profitiert stark von den hohen Strompreisen in Deutschland. Die Trennung der gemeinsamen Strompreiszone mit der Bundesrepublik ist dem Unternehmen ein Dorn im Auge.
Die langwierige Vorstandssuche ist beendet – und am Ende steht doch wieder Wolfgang Anzengruber an der Spitze des größten börsenotierten Stromkonzerns des Landes. Auch Finanzvorstand Peter Kollmann darf bleiben. Neu in den Vorstand ziehen der oberösterreichische Landespolitiker Michael Strugl und Cisco-Österreich-Chef Achim Kaspar ein. Zumindest in den kommenden beiden Jahren bleibt beim teilstaatlichen Unternehmen (51 Prozent des Verbund gehören der Republik Österreich, 25 Prozent sind in den Händen des Syndikats EVN und Wiener Stadtwerke) also alles mehr oder weniger beim Alten.
Und warum auch nicht? Dem Unternehmen geht es alles andere als schlecht. Die gute Wasserführung und eine höhere Erzeugung in den Speicherkraftwerken haben den Gewinn im ersten Quartal diesen Jahres um 30 Prozent auf fast 122 Millionen Euro steigen lassen. Auch für das Gesamtjahr 2018 hob das Unternehmen seine Prognose zuletzt deutlich an.
Erwartet werden nun rund 320 Millionen Euro Gewinn. Bei der Bilanzvorlage im März lag die Latte noch um zwanzig Millionen Euro niedriger. Den Aktionären stellt der Konzern weiterhin eine Ausschüttungsquote zwischen 40 und 45 Prozent bezogen auf das um das um Einmaleffekte bereinigte Konzernergebnis in Aussicht.
Diese Entwicklung ist auch an den Investoren an der Wiener Bör- se nicht unbemerkt vorübergegangen. Mit einem Plus von 42 Prozent ist die Aktie des Verbundkonzerns im heurigen Jahr sogar der bis dato beste Wert im Leitindex ATX.
Für das Gros der Finanzexperten ist das Ende des Aufschwungs derzeit noch nicht in Sicht. Von 15 Analysten, die vom Finanzdienstleister Bloomberg befragt wurden, raten sechs zum Kauf der Verbund-Papiere. Fünf würden die Aktie zumindest weiter im Portfolio halten und lediglich vier empfehlen den Verkauf.
Der Hauptgrund der guten Entwicklung liegt allerdings nicht in der Gestaltungsmacht des Unternehmens. Die Aktie des Wasserkraftkonzerns profitiert stark vom Anstieg der deutschen Strompreise. Vor allem die sprunghafte Ver- teuerung der CO2-Emissionszertifikate in der EU macht den deutschen Strom zurzeit kostspielig. Weil sich Österreich in einer gemeinsamen Stromzone mit Deutschland befindet, profitiert der Verbund von den dortigen Preissteigerungen.
Die ungewisse Zukunft der gemeinsamen Preiszone mit der Bundesrepublik ist auch die größte Sorge von Verbund-Vorstand Wolfgang Anzengruber. Mit Anfang Oktober werden die beiden Strommärkte ein Stück weit voneinander „getrennt“. In Zukunft wird die Strommenge, die zwischen den beiden Staaten frei gehandelt werden kann streng limitiert. Die maximale Durchleitung wird von 10.000 Megawatt auf 4900 Megawatt halbiert. Damit werden Deutschland und Österreich künftig unterschiedliche Strompreise haben.
„Wenn man physikalisch richtig handeln würde, müsste man Deutschland teilen“in einen Norden mit viel Windenergie und einen Süden. Der echte physikalische Engpass liege in der Mitte des Landes und nicht an der Grenze zu Österreich, argumentiert der Verbund-Chef. Die Trennung zwischen den beiden Staaten sei willkürlich und „irrational“.
Zwar nicht irrational, dafür aber „eher euphorisch“bewertet der Manager das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 hundert Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen decken zu können. Derzeit liegt Österreich bei einem Erneuerbaren-Stromanteil von 75 Prozent. Um die hundert Prozent zu erreichen, müsste Österreich die Leistung seiner Donaukraftwerke verdreifachen.