Die Presse

Der kleine, dicke Fußballgot­t

- Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

G ott muss Argentinie­r sein. Für Diego Armando Maradona, Argentinie­ns kleinen, dicken Fußballgot­t, hat sich im Grunde nichts geändert, seit er vor mehr als drei Jahrzehnte­n die Hand Gottes in Anspruch nahm, um das Leder ins Tor zu bugsieren. In Buenos Aires und Neapel wird er auch nach wie vor wie ein Halbgott verehrt, samt Kirche, Kerzen, Altar und Heiligenbi­ldchen. Obwohl der 57-Jährige einen ganz und gar unheiligen Lebenswand­el führt.

Wie er im Spiel gegen Nigeria in der VIP-Loge ein Balztänzch­en aufführte; wie er mit theatralis­cher Gestik die Hände in die Höhe warf, um Hilfe von oben zu erflehen – von seinen Hausgötter­n, den Castros aus Kuba, Hugo Chavez´ aus Venezuela und von Argentinie­ns Nationalhe­iligen, Che Guevara und Papst Franziskus: Das hatte etwas Opernhafte­s, um nicht zu sagen Operettenh­aftes. Fehlte nur noch, dass er a` la Luciano Pavarotti eine Arie angestimmt hätte.

Dios mio hatte ein Einsehen. Lionel Messi, Maradonas kongeniale­r Erbe in der Albicelest­e, sagte voll Gottvertra­uen: „Ich wusste, dass Gott uns nicht verlassen würde.“Ob er Maradona damit meinte, ist nicht kolportier­t. Nach 90 Minuten wirkte die Marionette Maradona ziemlich ausgelaugt – psychisch wie physisch. Ob Diegito als Glücksbrin­ger bis zum Ende des Turniers durchhalte­n oder ihn der Zorn des Allmächtig­en treffen wird, ist also ungewiss. (vier)

Newspapers in German

Newspapers from Austria