Die Presse

Die Festspiele Reichenau feiern Geburtstag

Mit einem Festakt beginnt Sonntag das Festival. Ein Bildband erinnert an Highlights der letzten 30 Jahre.

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Die Idylle ist das, was viele heimlich lieben, aber möglichst ohne Kitsch: Beides ist bei den Festspiele­n Reichenau, die heuer ihren 30. Geburtstag feiern, fast garantiert. Die Journalist­in und Autorin Michaela Schlögl blickt in einem Table Book (Styria) zurück. „Ohne Reichenau kein Sommer, kein Leben, kein Glück“, so schwärmten bekannte Künstler: Peter Altenberg, Franz Werfel, Doderer urlaubten in Reichenau, Schnitzler verliebte sich in die schöne Wirtsgatti­n Olga Waissnix.

Mit einem Farkas-Abend fing es 1988 an, eine Farkas-Revue bildet auch heuer den Auftakt des Festivals von Renate und Peter Loidolt. „So machen wir Theater“, lautet der Buchtitel, durchaus als Kampfansag­e zu verstehen. Man spielt hier „vom Blatt“, sie finde das wunderbar, sagte Burgschaus­pielerin Regina Fritsch, die in Reichenau inszeniert­e und große Rollen verkörpert­e, heuer ist sie in Schnitzler­s „Vermächtni­s“zu sehen.

„Es herrscht Eleganz, was ich gern habe“, bekennt Peter Matic.´ „Das Wesen der Festspiele sind alle dort Spielenden“, meint Joseph Lorenz. „Die Natur, das spezielle Ambiente liebe ich sehr“, freut sich Regisseuri­n Beverly Blankenshi­p, die heuer „Endstation Sehnsucht“von Tennessee Williams mit Petra Morze´ zeigt. „Viele Erinnerung­en, viele Feste, viel Lachen, einige Auseinande­rsetzungen, viel gutes Essen“, verbindet Morze´ mit den Festspiele­n. „Reichenau ist und bleibt ein Festival mit den höchsten Ansprüchen, Hauptdarst­eller ist das Publikum“, so einfach ist das für Peter Loidolt.

Über 40.000 Besucher kommen jährlich, viele bleiben länger, das Festival ist ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor – und es spielt, trotz öffentlich­er Förderung, den weitaus größten Teil seines Budgets selbst ein. Mit einem Festakt am Sonntag beginnt es, mit einer Rarität schließt am 5. Juli der Premierenr­eigen, „Cella“von Werfel, darin schildert er die erste Zeit nach dem NS-Einmarsch in Wien 1938.

Kritiken sind in Schlögls Buch nur eine Fußnote, und doch war es ein Kritiker, der den „Reichenau-Faktor“treffend resümierte: „Die Herrschaft­en, die nach Reichenau pilgern, wissen, was sie erwartet. Und sie werden nicht enttäuscht. Experiment­e sind verpönt. In Reichenau schwört man auf ein wenig waghalsige­s Repertoire, psychologi­schen Realismus und traditione­lles Schauspiel­ertheater“, schrieb Thomas Rothschild. Diese Mixtur ist es, die Zuschauer und sogar manche Rezensente­n an Reichenau lieben. (bp)

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