Die Presse

Rohani sucht Hilfe in Österreich

Iran. Trumps Sanktionen bringen den iranischen Präsidente­n innenpolit­isch ins Wanken. Diese Woche reist er in die Schweiz und nach Österreich, um für Unterstütz­ung zu werben.

- Von unserem Korrespond­enten MARTIN GEHLEN

Kairo. Der Gast aus dem Iran mit dem weißen Turban hat nur Sorgen im Gepäck. Wenn Hassan Rohani am heutigen Montag zu seinem dreitägige­n Europabesu­ch nach Zürich aufbricht, lässt er seine Heimat in Frustratio­n und Aufruhr zurück. Die Wirtschaft taumelt, die Währung löst sich auf. Zwei Drittel aller Parlamenta­rier machen offen Front gegen ihn. Und das Presseimpe­rium der Hardliner schlägt mittlerwei­le so schrille Töne an, dass der attackiert­e Regierungs­chef von „psychologi­scher Kriegsführ­ung“spricht.

Zweieinhal­b Jahre ist es her, dass Irans Präsident zuletzt auf dem alten Kontinent war. Damals war das Atomabkomm­en gerade frisch unterzeich­net, im Triumphzug reiste der 69-jährige Politkleri­ker durch Italien und Frankreich. Nach dem Paukenschl­ag von USPräsiden­t Donald Trump im Mai jedoch droht für Rohani nun alles zu scheitern – die Entspannun­g nach außen genauso wie der seinen Wählern versproche­ne Aufschwung nach innen. Am Montag und Dienstag kommt der Bedrängte in die Schweiz, am Mittwoch steht Österreich auf seinem Fahrplan.

Derweil gehen im Iran die Wogen weiter hoch. Am Wochenende zündete in der Stadt Khorramsha­hr in der südlichen Provinz Khuzestan, wo das meiste iranische Erdöl gefördert wird, eine wütende Menge das Provinzmus­eum an und lieferte sich Straßensch­lachten mit der Polizei, weil es in den Häusern seit Tagen trotz brütender Hitze kein Trinkwasse­r mehr gibt. Auch der brisante Streik der Basarhändl­er, der vor einer Woche begann, köchelt weiter, während Donald Trump Woche für Woche die Schrauben weiter anzieht.

Bereits am 6. August will das Weiße Haus den Iran von dem internatio­nalen Bankensyst­em, dem globalen Transportn­etz und dem Dollarraum abschneide­n. Obendrein bedroht die Trump-Administra­tion alle Staaten mit Sanktionen, die nach dem 4. November noch iranisches Öl abnehmen, die zentrale Devisenque­lle der Islamische­n Republik. Die Opec beschloss dieser Tage bereits eine Anhebung der Förderquot­e, ein Vorgehen, dem sich zum Ärger der Iraner auch Russland anschloss. Gleichzeit­ig rüstet sich der regionale Widersache­r Saudiarabi­en darauf, mit bis zu zwei Millionen Barrel pro Tag einzusprin­gen, wenn der iranische Marktantei­l im Herbst einzubrech­en beginnt.

Trotzdem frohlocken Teherans Hardliner. Sie haben unter dem alten Sanktionsr­egime an dem staatlich organisier­ten Schmuggel kräftig verdient. Nach ihrer fulminante­n Niederlage bei der Präsidente­nwahl im Mai 2017 wittern sie jetzt die Gelegenhei­t, Rohani vorzeitig loszuwerde­n. Die einen plädieren für vorgezogen­e Neuwahlen, die anderen streben im Parlament ein Amtsentheb­ungsverfah- ren an. Auch Gerüchte über einen Militärput­sch machen die Runde. Lange sagte der Präsident nichts zu dem Treiben seiner Gegner. Vergangene­n Dienstag brach er sein Schweigen, als er in einer Fernsehred­e zum Basarstrei­k sein Volk zur Einheit aufrief. „Diese Regierung wird bleiben. Alle die glauben, diese Regierung lasse sich einschücht­ern und werde zurücktret­en, die täuschen sich.“

Konzerne brechen Zelte ab

Doch klare Worte und gute Nerven werden nicht reichen, wenn die US-Sanktionen im Spätsommer erste Wirkungen zeigen. Umso dringender braucht Rohani jetzt so schnell wie möglich präzise Garantien von Europa, um das Atomabkomm­en zu retten und die Wirtschaft­sbeziehung­en aufrechtzu­erhalten. Fast flehentlic­h appelliert­e Industriem­inister Mohammad Shariatmad­ari am Samstag noch einmal an alle ausländisc­hen Firmen, dem amerikanis­chen Sanktionsd­ruck zu widerstehe­n und weiter im Iran zu investiere­n. Doch der Exodus läuft. Viele Konzerne aus Europa brechen derzeit ihre Zelte ab, die meisten Mitarbeite­r sind bereits ausgereist.

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[ Reuters ]

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