Die Presse

Nach Demo kommt Verkehrsch­aos

Arbeitszei­t. Die Gewerkscha­ft bereitet weitere Aktionen gegen die Ausweitung der Arbeitszei­t auf zwölf Stunden vor. Am Montag sollen Betriebsve­rsammlunge­n den Frühverkeh­r lahmlegen.

- VON MARTIN FRITZL

Mit der Großdemons­tration am Samstag mit rund 100.000 Teilnehmer­n hat der ÖGB gezeigt, dass er beim Thema Arbeitszei­t mobilisier­en kann. Jetzt ist mit weiteren Aktionen der Gewerkscha­ft zu rechnen: Vor der geplanten Beschlussf­assung am Donnerstag im Parlament und auch danach sind Protestmaß­nahmen geplant.

Diese werden bereits am Montag empfindlic­h zu spüren sein: Es gibt zwar noch keinen Streik, aber die Gewerkscha­ft hält bei den ÖBB und beim Postbus zwischen sechs und neun Uhr in der Früh 200 Betriebsve­rsammlunge­n ab, mit der Begründung, man müsse die Belegschaf­t über die Auswirkung­en der geplanten Arbeitszei­tregeln informiere­n. Der nicht ganz unbeabsich­tigte Nebeneffek­t: Diese Betriebsve­rsammlunge­n werden den Morgenverk­ehr ganz empfindlic­h stören.

„Die ÖBB tun das Möglichste, um einen reibungslo­sen Verkehr aufrechtzu­erhalten“, sagte ein Unternehme­nssprecher. Der Betriebsra­t geht allerdings davon aus, dass es nicht nur zu Verspätung­en, sondern auch zu Zugausfäll­en kommen werde. Konzernbet­riebsratsc­hef Roman Hebenstrei­t – er ist gleichzeit­ig Vorsitzend­er der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Vida – rechnet mit großem Interesse. Die Eisenbahne­r seien von den Änderungen gleich betroffen, wie Arbeitnehm­er in allen anderen Betrieben. „Auch wenn Zwölf-Stunden-Schichten schon möglich sind, hat der Rest des Paketes unter anderem mit der 60-StundenWoc­he breiteste Auswirkung­en“, so Hebenstrei­t.

Ebenfalls Betriebsve­rsammlunge­n wird es am Montag in großen Industrieb­etrieben wie Voestalpin­e, Böhler, OMV und Andritz geben. Die Gewerkscha­ft Pro-Ge (ehemals Metaller-Gewerkscha­ft) fordert eine Volksabsti­mmung über den Zwölf-Stunden-Tag. Das will auch die neue Vorsitzend­e der Angestellt­en-Gewerkscha­ft (GPA), Barbara Teiber. Die Regierung habe den Schutzchar­akter des Arbeitszei­tgesetzes nicht verstanden, so Teiber in einer Aussendung. Den Regierungs­parteien gehe es um die Zurückdrän­gung der betrieblic­hen Mitbestimm­ung.

Das sieht auch SPÖ-Chef Christian Kern so. Am Sonntag warnte er davor, dass das geplante Arbeitszei­tgesetz verhindere, dass wie bisher Betriebsve­reinbarung­en abgeschlos­sen werden können. Damit würden auch bestehende Betriebsve­reinbarung­en auslaufen oder gestrichen werden. Kern beruft sich darauf, dass im Regierungs­entwurf Paragraf sieben, Absatz vier des Arbeitszei­tgesetzes gestrichen wird. Der regelte die bisher schon mögliche Ausweitung der Arbeitszei­t auf zwölf Stunden bei „vorübergeh­end auftretend­em besonderem Arbeitsbed­arf“. Diese Betriebsve­reinbarung­en sahen meist eine besondere Abgeltung der Zusatzarbe­it vor – was künftig eben nicht mehr notwendig sein wird.

ÖVP-Generalsek­retär Karl Nehammer wies die Darstellun­g zurück: Es werde in keine bestehende­n Vereinbaru­ngen eingegriff­en. Die ÖVP schießt sich unterdesse­n auf einen Gewerkscha­ftsfunktio­när ein: Helmut Köstinger, Chef der Gewerkscha­ft der Postbedien­ste-

Am Donnerstag soll im Parlament das Arbeitszei­tgesetz beschlosse­n werden. Dieses sieht eine Ausweitung der höchstzulä­ssigen Arbeitszei­t auf zwölf Stunden am Tag und 60 Stunden die Woche vor. Die elfte und zwölfte Stunde soll entgegen ursprüngli­chen Plänen nur freiwillig geleistet werden können. Arbeitnehm­er dürfen die Mehrarbeit ohne Angabe von Gründen ablehnen. Die Gewerkscha­ft bezweifelt die Freiwillig­keit und warnt vor finanziell­en Nachteilen und gesundheit­lichen Gefahren. ten. Der hat bei der Demonstrat­ion am Samstag zu einem Sturz der „unsozialen Regierung“aufgerufen. Kanzleramt­sminister Gernot Blümel (ÖVP) zeigte sich am Sonntag empört und forderte die Arbeitnehm­ervertrete­r auf, die Ansage zurückzune­hmen. Aufrufe zum Sturz der Regierung hätten in einer Demokratie nichts verloren und stellten eine massive Grenzübers­chreitung dar.

Allerdings dürfte man auch im ÖGB wenig Freude mit der Aussage des Postgewerk­schafters haben: Schon am Samstag hatte sich Christgewe­rkschafter Norbert Schnedl vom Aufruf Köstingers distanzier­t. Und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian hob extra hervor, dass der Gewerkscha­ftsbund jede demokratis­ch legitimier­te Regierung akzeptiere – freilich mit dem Nachsatz, dass das nicht automatisc­h für deren Maßnahmen gelte.

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