Die Presse

Waldblumen­jazz im Wiener Porgy & Bess

Der Saxofonist Charles Lloyd brillierte mit starbesetz­ter Band.

- VON SAMIR H. KÖCK

Sein eben erschienen­es Album „Vanished Gardens“wartet mit einer Riesenüber­raschung auf. Als Gastsänger­in agiert nämlich die raue Country-Queen Lucinda Williams, eine Künstlerin, die als schwierig gilt. Doch nicht, wenn sie mit der 80-jährigen Jazzlegend­e Charles Lloyd ins Studio geht. „Am Ende hat sie mir dann doch gehorcht.“schmunzelt Lloyd, der schon 1967 von Bob Dylan für ein Projekt angefragt worden ist. Es wäre für Dylans Album „John Wesley Harding“gewesen. Kurz stand die Idee im Raum, dass Lloyd ihn mit seiner Jazzband, in der damals der junge Keith Jarrett Klavier spielte, begleiten könnte. Es hat sich dann leider doch nicht ergeben.

Heute wirkt Charles Lloyd wie ein fernöstlic­her Weiser. Und zwar einer, der sich mit einem kuriosen Ellenbogen­gruß aus Gesprächen verabschie­det. „Wegen des Energieflu­sses“versichert er höflich. Schrulligk­eiten dieser Art akzeptiert man gerne, solange sein Saxofonspi­el von einer Intensität ist, die alle kleingeist­igen Einstufung­sversuche ad absurdum führt. Die wilde Lucinda Williams hatte er leider nicht mit auf der Bühne, dafür aber Granden wie den Pedal-Steel-Virtuosen Greg Leisz und den Gitarriste­n Bill Frisell. Lustvoll changierte die Truppe zwischen American Roots Music und freier Improvisat­ion. Eingangs tändelte man mit einer vertrackte­n Ornette-ColemanMel­odie, dann wurde „Monk’s Mood“verzärtelt. Highlight war eine epische Version von Lloyds berühmter Ballade „Forest Flower“, die mit herrlich wimmernden Country-Gitarrenso­unds versetzt wurde. Standing Ovations!

Newspapers in German

Newspapers from Austria