Spektakulärer Gefängnisausbruch
Frankreich. Mit Kalaschnikows und Trennschleifern bewaffnet befreiten drei Männer einen wegen Raubüberfalls verurteilten Verbrecher aus einem Gefängnis und flüchteten per Helikopter.
Knapp zehn Minuten dauerte die Kommandoaktion, dann war der wohl spektakulärste Gefängnisausbruch in der französischen Geschichte auch schon wieder vorbei: Per Helikopter kamen am Sonntag zu Mittag drei schwer bewaffnete Männer und befreiten den einst meistgesuchten Verbrecher Frankreichs: Redoine´ Fa¨ıd war im April wegen eines tödlichen Raubüberfalls zu 25 Jahren Haft verurteilt worden. Nun ist der als besonders gefährlich eingestufte Mann auf der Flucht und wird von 3000 französischen Polizisten gejagt, bisher erfolglos.
Am Sonntag um 11 Uhr 20 landete in einem der Höfe des Gefängnisses Sud-Francilien im Dörfchen Reau´ südöstlich von Paris ein Helikopter, während sich der Gefangene gemeinsam mit einem seiner Brüder im angrenzenden Besucherraum der Haftanstalt befand. Zwei schwarz gekleidete und maskierte Männer mit Polizeiarmbinden sprangen aus dem Hubschrauber, bewaffnet mit Trennschleifern und mit Sturmgewehren vom Typ Kalaschnikow. Die beiden Männer verwendeten Rauchbomben und verschafften sich mit Hilfe der Trennschleifer Zugang zum Besucherraum. Der dritte bewaffnete Mann hielt unterdessen den Hubschrauberpiloten in Schach, den Fa¨ıds Komplizen als Geisel genommen hatten.
Frankreichs Justizministerin, Nicole Belloubet, die noch am Sonntag nach Reau´ reiste, sprach von einer „äußerst gut vorbereiteten Kommandoaktion“. Die Umgebung dürfte im Vorfeld mit Drohnen ausspioniert worden sein, so die Ministerin. Der Hof, in dem der Helikopter landete, ist der einzige im Gebäudekomplex, der nicht durch Netze geschützt ist. Er werde nie von Gefangenen genutzt, hieß es seitens der Gefängnisleitung. Beim Piloten handelt es sich um einen Fluglehrer, der von Fa¨ıs’ Komplizen auf einem kleinen Flugfeld in der Nähe des Gefäng- nisses gekidnapped wurde. Der Mann wurde später freigelassen und mit einem Schock ins Krankenhaus eingeliefert.
In Gonesse, rund 60 Kilometer vom Gefängnis entfernt, endete die Flucht per Helikopter: Dort fand die Polizei am Sonntagnachmittag den Hubschrauber, den die Flüchtenden offenbar in Brand hatten stecken wollen. Die Männer setzten die Flucht in einem schwarzen Renault Megane´ fort. Das Fahrzeug wurde später ausge-
galt einst als der meistgesuchte Verbrecher Frankreichs. Er wurde wegen Überfällen auf Banken, Geldtransporter und wegen Juwelendiebstählen zu Haftstrafen verurteilt. Der Sohn algerischer Einwanderer ist bereits einmal, im April 2013, in einer spektakulären Aktion aus einem Gefängnis ausgebrochen. brannt auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums in der Region gefunden. Fa¨ıd dürfte in einen weißen Lieferwagen umgestiegen sein. Danach verliert sich – bis jetzt – die Spur. „Alle Kräfte wurden mobilisiert, den Flüchtigen zu finden“, heißt es aus dem Innenministerium.
Fa¨ıd ist kein Unbekannter in Frankreich. Der Sohn von algerischen Einwanderern galt lange als Kopf einer Bande, die sich auf Überfälle auf Banken und Geldtransporter sowie Juwelendiebstähle spezialisierte hatte. Mehrmals wurde Fa¨ıd bereits verurteilt. 2010 veröffentlichte er ein Buch über seine raue Kindheit in einem Pariser Vorort und seine ersten kriminellen Erfahrung beim Stehlen von Süßigkeiten. Danach tingelte er durch Talkshows, erzählte über seine Lieblingsfilme – Gangsterstreifen wie „Heat“oder „Scarface“, die er als Inspirationsquellen für mehrere Raubüberfälle bezeichnete – und gab sich geläutert.
Ein Jahr später wurde Fa¨ıd aber erneut festgenommen: Er hatte gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen, die ihm nach seiner Verurteilung wegen mehreren Überfällen gemacht worden waren. Wegen eines versuchten Raubüberfalls im Großraum Paris war er 2013 verurteilt worden. Dabei war ein junger Polizist ums Leben gekommen.
Doch auch dieser Gefängnisstrafe wollte er mit einem aufsehenerregenden Coup entkommen: Im April 2013 hatte er in der Haftanstalt von Lille-Sequedin vier Wachbeamte als Geiseln genommen und sich den Weg durch fünf Gefängnistüren mit Dynamit freigesprengt, der Sprengstoff war in Taschentuchpackerl versteckt. Danach schlüpfte er in eine Uniform, stieg in ein Fluchtauto und verschwand. In Frankreich und Belgien war damals eine Großfahndung gestartet worden. Nach sechs Wochen war die Flucht zu Ende: Fa¨ıd wurde gemeinsam mit einem Komplizen in einem Hotel in der Nähe von Paris geschnappt. (zoe)