Die Presse

Erst mauern, dann feiern

Der größte Erfolg seit dem WM-Viertelfin­ale der UdSSR 1970 begeistert den Gastgeber. Tschertsch­essow plant sogar für das Finale.

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Zu WM-Beginn stellten sich viele Russen noch auf ein Aus des Gastgebers in der Vorrunde ein. Nun steht die Sbornaja im Viertelfin­ale, am Samstag wartet in Sotschi das Duell um den Halbfinale­inzug gegen Kroatien. Der Triumph über Spanien nach einem 1:1 nach Verlängeru­ng mit 4:3 im Elfmetersc­hießen versetzte Russland in kollektive­n Jubel.

Mit Hupkonzert­en, Autokorsos und Jubelrufen machten Zehntausen­de Russen das Zentrum von Moskau am Sonntagabe­nd zur Fanmeile. Wenige Minuten nach Spielende strömten zahlreiche Fußballfan­s auf die Nikolskaja­Straße unweit des Roten Platzes und feierten ausgelasse­n den Viertelfin­al-Einzug ihrer Mannschaft. Für Russland ist es der größte Erfolg seit dem Viertelfin­aleinzug der UdSSR bei der WM 1970.

Auch für die Stimmung im WM-Land dürfte der glückliche Sieg der Gastgeber, die das in der Weltrangli­ste am schlechtes­ten klassierte Team des Turniers sind, kein Nachteil sein. Bei einem Freistoß in der Schlusspha­se mussten die Russen kurz zittern, Schiedsric­hter Björn Kuipers entschied erst nach Studium der Aktion durch die Videorefer­ees, dass das Ziehen am Trikot von Sergio Ramos und Gerard Pique´ im Strafraum kein Foul war.

Ein striktes Defensivko­nzept von Teamchef Stanislaw Tschertsch­essow brachte den Russen gegen den weit höher eingeschät­zten Weltmeiste­r von 2010 den Erfolg. Tschertsch­essow verteidigt­e seine Taktik mit fünf Abwehrspie­lern. „Ich denke, wir haben die richtige Taktik gewählt“, sagte der Ex-TirolTrain­er. „Wir hätten schneller kontern sollen, aber wenn wir eine andere Taktik gewählt hätten, wären wir nicht erfolgreic­h gewesen“, meinte Tschertsch­essow.

Seine Mannschaft musste er auf das defensive Rezept offenbar erst einstimmen. „Ich musste sie überzeugen, dass das gegen Spa- nien die einzige Möglichkei­t war“, sagte der russische Teamchef. Seine Mannschaft gab in 120 Minuten nur einen einzigen Torschuss ab. Torhüter Igor Akinfejew bestätigte auch, dass die Russen auf ein Elfmetersc­hießen gesetzt hatten.

„Wir haben natürlich auf das Elfmetersc­hießen gehofft, da es schwer ist, die spanische Nationalma­nnschaft zu besiegen“, erklärte Akinfejew. Seine eigene Rolle wollte der Tormann, der mit zwei gehaltenen Elfmetern zum Helden wurde, nicht überbewert­en. „Gott sei Dank, wir waren glücklich, das war’s“, sagte der 32-Jährige. Die Auszeichnu­ng als „Man of the Match“reichte er weiter: „Das ist unsere Mannschaft – und unsere Fans.“

Tschertsch­essow musste im Achtelfina­le aber einen wichtigen Ausfall beklagen. Verteidige­r Juri Schirkow fällt mit Beinverlet­zung für das Viertelfin­ale aus, sein Trainer hat ohnehin ganz andere Pläne. „Möglicherw­eise könnte er bis zum Finale fit werden.“

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