Verwaltungsgericht gibt Journalisten recht
Richtungsentscheidung. Zwei wichtige Urteile schwächen das Amtsgeheimnis in Österreich. Die Stadt Wien und Niederösterreichs Landesregierung müssen nun Medien Zugang zu Dokumenten ermöglichen.
Die Entscheidung kommt zu einem passenden Zeitpunkt. Gerade erst hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) im ORF die Aufdeckerarbeit von Medien in der BVT-Affäre kritisiert. Was die Chefredakteure von „Standard“, „Presse“, „Kurier“, „Profil“und „News“am vergangenen Wochenende dazu veranlasst hat, deutlich auf Wert und Wichtigkeit von Meinungsfreiheit und Aufklärungspflicht der Journalisten hinzuweisen. Rückendeckung bekommt die Branche nun durch zwei richtungsweisende Urteile, die Behörden künftig zu mehr Transparenz verpflichten. Das Forum Informationsfreiheit (FOI) spricht von „großen Schritten“für Journalisten und einem „Etappensieg gegen das Amtsgeheimnis“. Seit Dezember 2010 arbeitet die NGO (seit September 2013 unter dem jetzigen Namen, davor unter transparenzgesetz.at) daran, das Recht auf Information in Österreich zu etablieren.
Der Etappensieg gelang nun mit zwei Verfahren, einmal vor dem höchstgerichtlichen Verwaltungsgerichtshof gegen die Stadt Wien und ein weiteres Mal vor dem Landesverwaltungsgericht in St. Pölten gegen das Land Niederösterreich. In beiden Fällen wollte der Journalist und Mitgründer des FOI, Markus Hametner, der aktuell für „Addendum“arbeitet, Zugang zu Dokumenten der Verwaltung, in beiden Fällen lehnten die Behörden das ab. Hametner klagte daraufhin – und bekam in beiden Fällen recht.
„Zu viel Arbeit“ist kein Argument
Der Verwaltungsgerichtshof stärkt mit dieser Grundsatzentscheidung das Recht auf Information von sogenannten Watchdogs – also Journalisten, Meinungsbildnern, Bloggern und NGOs. Die Behörden werden damit nicht nur zur Auskunft, sondern in bestimmten Fällen auch zur Herausgabe von Dokumenten verpflichtet. Diese Zugangsverpflichtung zu Dokumenten fehlte bisher im österreichischen Auskunftspflichtgesetz. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun erkannt, dass diese aber sehr oft geboten ist.
Behörden können in Zukunft also nicht mehr behaupten, die Übermittlung von Dokumentkopien wäre nicht rechtens. Sie müssen künftig zwischen Geheimhaltungsund Öffentlichkeitsinteresse abwägen. Das Argument, die Auskunft bedeute „viel Arbeit“, sei kein ausreichender Geheimhaltungsgrund.
Was heißt das für die zwei Anlassfälle? Die Stadt Wien muss die Anfrage von Journalist Hametner nach dem Wortlaut von mehr als 1000 Einsparungsvorschlägen und den zugehörigen Prüfungsergebnissen beantworten. Fall zwei betrifft die Landesregierung Niederösterreich. Hier hat Hametner die Übermittlung der Tagesordnung und Beschlüsse der Landesregierung beantragt, um den Beschluss der Landesförderungen an die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“nachzuvollziehen, deren Millionenzuwendungen Anfang des Jahres 2017 Thema waren. Das Forum Informationsfreiheit berichtet zudem, dass zur entscheidenden Verhandlung vor Gericht kein Vertreter des Landes erschienen ist. Allerdings wurden mittlerweile Kopien der entsprechenden Beschlüsse in einem dicken Paket per Post übermittelt. Mehr Infos unter: www.informationsfreiheit.at