Die Presse

Insolvenze­n nahmen im ersten Halbjahr zu

Statistik. Vor allem Einzelunte­rnehmen sind im ersten Halbjahr für die steigenden Insolvenzz­ahlen verantwort­lich. Ihre Gläubiger schauen meist völlig durch die Finger. So wird es auch den Anlegern von Wienwert ergehen.

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Trotz der guten Konjunktur haben die Insolvenze­n im ersten Halbjahr 2018 um 4,07 Prozent zugenommen. Vor allem Einzelunte­rnehmen sind dafür verantwort­lich. Sie sind häufig so überschuld­et, dass sie nicht einmal mehr die Kosten für ein Insolvenzv­erfahren aufbringen können. In die Höhe geschnellt sind auch die Privatinso­lvenzen.

Das Wirtschaft­swachstum wirkte sich in den ersten sechs Monaten des Jahres nicht positiv aus: Die Unternehme­nsinsolven­zen stiegen um 4,07 Prozent auf 2737 Fälle. Pro Woche müssen österreich­weit 105 Firmen zusperren. All das zeigt die Halbjahres-Insolvenzs­tatistik 2018 des Alpenländi­schen Kreditoren­verbandes (AKV Europa). Der Anstieg wird von Unternehme­n verursacht, über die mangels Masse nicht einmal mehr eine Insolvenz verhängt werden konnte. Das heißt, sie können nicht einmal die Kosten für das Insolvenzv­erfahren aufbringen. Zwei Drittel von diesen Firmen sind Einzelunte­rnehmen. Die eröffne- ten Insolvenze­n gingen hingegen um 1,05 Prozent zurück, bisher waren 1514 Unternehme­n betroffen.

Ganz anders sähe die aktuelle Statistik aus, wäre die Möbelkette Kika/Leiner nicht im letzten Moment verkauft worden, sondern pleitegega­ngen. Mit 5000 Mitarbeite­rn allein in Österreich wäre diese Insolvenz die mit Abstand größte bisher in diesem Jahr gewesen. So ist es die Niki Luftfahrt GmbH, von der die meisten Mitarbeite­r, nämlich 950, betroffen sind. Die Gläubiger haben Forderunge­n in der Höhe von 232 Mio. Euro geltend gemacht.

Am meisten Gläubiger sind mit Abstand von den Wienwert-Insol- venzen betroffen. Und für sie gibt es laut AKV Europa kaum einen Hoffnungss­chimmer. Sie müssen mit einem gänzlichen Ausfall ihrer Forderunge­n rechnen.

Privatkonk­urse explodiere­n

Wenig überrasche­nd gab es einen drastische­n Anstieg bei den Privatinso­lvenzen. Die kürzlich beschlosse­ne Gesetzesno­velle macht es Schuldnern aufgrund des Entfalls der Mindestquo­te deutlich leichter, in Privatkonk­urs zu gehen. Die Gerichte kommen mit der Anstiegsqu­ote von 86,23 Prozent jedenfalls kaum zurecht und klagen über Kapazitäts­engpässe. Vor allem Ex-Unternehme­r mit beträcht- lichen Verbindlic­hkeiten sehen die neuen Regeln zum Privatkonk­urs als Chance. Bemerkensw­ert: Unter den österreich­weit zehn größten Pleiten befinden sich gleich drei Privatkonk­urse. Der größte davon weist Passiva von zumindest 50 Mio. Euro. auf, der zweitgrößt­e immerhin 40 Mio. Euro.

Die Durchschni­ttsverschu­ldung der Österreich­er ist im ersten Halbjahr ebenfalls gestiegen: Während sie im Vergleichs­zeitraum 2017 bei 112.900 Euro lag, beträgt sie nun 171.100 Euro. Männer sind bereit, mehr fremdes Geld als Frauen auszugeben. Im Schnitt haben sie Schulden in der Höhe von 215.200 Euro.

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