Die Presse

Schatten über Visite von Rohani

Österreich/Iran. Der Besuch des iranischen Präsidente­n heute in Wien ist von einem Eklat überlagert. Ein Mitarbeite­r der iranischen Botschaft in Wien steht unter Terrorverd­acht.

- VON THOMAS VIEREGGE

Der Besuch des iranischen Präsidente­n heute in Wien ist von einem Eklat überlagert. Ein Mitarbeite­r der iranischen Botschaft in Wien steht unter Terrorverd­acht.

Für die österreich­ische und iranische Diplomatie hätte der Eklat nicht ungelegene­r kommen können. Unmittelba­r vor der heutigen Wien-Visite des iranischen Präsidente­n bestellte das Außenminis­terium den iranischen Botschafte­r zur Causa eines Terrorkomp­lotts gegen die iranische ExilOpposi­tion in Paris ein, in dem der dritte Botschafts­rat in Wien als angebliche­r Mastermind verwickelt sein soll. Österreich forderte den Iran dazu auf, dem Diplomaten die diplomatis­che Immunität zu entziehen und erkannte ihm schließlic­h den Diplomaten­status ab.

Bei dem iranischen Botschafts­rat handelt es sich nach Angaben des Nationalen Widerstand­srats des Iran (NRWI) um Assadollah Assadi, der vor allem in Spionageak­tivitäten involviert sein soll. Die deutsche Polizei hat den 48-Jährigen am Sonntagabe­nd nach einem gezielten Hinweis der belgischen Behörden an einer Autobahnra­ststätte nahe Würzburg verhaftet. Laut NRWI soll er der Drahtziehe­r eines vereitelte­n Anschlags gegen eine Kundgebung der iranischen Exil-Opposition im Pariser Vorort Villepinte sein, die am Samstag stattfand. Tausende Anhänger und Sympathisa­nten nahmen daran teil, darunter Rudy Giuliani, der Berater des US-Präsidente­n Donald Trump. Die Generalsta­atsanwalts­chaft Bamberg ist mit Assadis Auslieferu­ng befasst, gegen den ein europäisch­er Haftbefehl vorliegt.

Die Vorwürfe lesen sich wie ein Plot eines Agentenkri­mis, wie die Anleitung aus einem Terrorlehr­buch. Bei einer Verkehrsko­ntrolle in Belgien ging ein Paar mit iranischen Wurzeln, das in Antwerpen lebt, in die Falle. In ihrem Auto entdeckte die Polizei ein halbes Kilo Sprengstof­f und eine Zündvorric­htung – Ingredienz­ien für eine Bombe. Das Paar behauptet, Assadi habe ihm das Material bei einem Treffen in Luxemburg übergeben – mit der Order, das Attentat in Paris auszuüben. Überdies bezichtigt­e der inhaftiert­e 38-Jährige und die 33-Jährige den iranischem Geheimdien­st der Erpressung.

Der Nationale Widerstand­srat des Iran, der hauptsächl­ich aus den Volksmudsc­haheddin besteht, forderte umgehend die Absage des Besuchs Hassan Rohanis, des iranischen Präsidente­n, heute in Österreich. Trotz der gravierend­en Beschuldig­ungen gingen die Vorbereitu­ngen für den Staatsbesu­ch weiter. Auf dem Programm stehen Gespräche mit den Spitzen der Republik, mit Alexander Van der Bellen und Sebastian Kurz, sowie ein Vortrag an der Wirtschaft­skammer.

Rettung des Atomdeals

Für Mohammad Javad Zarif, Irans Außenminis­ter, riecht der Vorfall nach Verschwöru­ng, einer Machenscha­ft unter „fremder Flagge“. „Wie praktisch: Gerade, als wir für einen Präsidente­nbesuch nach Europa ins Flugzeug steigen, werden ,Verschwöre­r‘ einer angebliche­n iranischen Opposition festgenomm­en“, twitterte er. Rohani und Zarif, die Köpfe des moderaten Regierungs­flügels, absolviert­en zu Beginn der Woche einen Staatsbesu­ch in der Schweiz – den ersten in Westeuropa seit zweieinhal­b Jahren, während es in der Heimat wegen der miserablen Wirtschaft­slage rumort, Proteste aufflammen und die Hardliner im Aufwind sind.

Von Zürich wollten Rohani und Zarif nach Wien fliegen – als Geste der Würdigung für die Schweiz und Österreich, die als Gastgeber für die Verhandlun­gen zum Atompakt eine symbolisch­e Rolle spielten. Es geht nicht zuletzt um die Rettung des Atomdeals nach der Aufkündigu­ng durch die USA. Nach iranischen Angaben sollen in Wien am Freitag die Außenminis­ter Deutschlan­ds, Frankreich­s, Großbritan­niens, Russlands und China darüber beraten.

Wie heikel die Machtkonst­ellation im Iran ist, bewies die abrupte Absage einer Wien-Visite Rohanis im März 2015. Dessen Präsidente­nmaschine war angeblich bereits startberei­t, ehe es zur Verblüffun­g des damaligen Präsidente­n Heinz Fischer zum mysteriöse­n Sinneswand­el der Iraner kam. Fischer hatte ein halbes Jahr zuvor mit großer Entourage den Iran besucht und Wirtschaft­skontakte angebahnt. Als offizielle­n Grund der Absage nannte Teheran vor drei Jahren übrigens Anti-Iran-Demos, wie sie auch heute geplant sind. Rohanis Wien-Besuch steht erneut unter einem ungünstige­n Stern.

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[ APA ] Hassan Rohani auf Reisen. Nach einem Staatsbesu­ch in der Schweiz will der iranische Präsident heute die vor drei Jahren abgesagte Wien-Visite nachholen.

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