Die Presse

Neymar, der sterbende Schwan

Plumpe Schwalben und groteske Theatralik: Fußballsta­rs sind zumeist auch sehr gute Falschspie­ler. Es nervt.

- VON MARKKU DATLER

Neymar nervt. Und das gleich aus mehreren Sichtweise­n. Der Brasiliane­r ist der beste Fußballer der Welt, das beweist er in jedem Spiel bei der WM in Russland. Dieser Umstand treibt folglich seinen Gegnern die Zornesfalt­en auf die Stirn. Denn sie sehen gegen seine Dribblings und Schüsse weder Land noch Ball. Der 26-Jährige ist auch der teuerste Transfer der bisherigen Fußballges­chichte, 222 Millionen Euro sind eine sehr stattliche Summe. Aber welcher Mensch will permanent bloß mit einem Preisschil­d assoziiert werden? Und, in diesem Punkt herrscht mittlerwei­le globaler Aufruhr: Neymar ist wirklich ein grottensch­lechter Schauspiel­er.

Seine Schwalben sind schon relativ einfallslo­s und auch nur selten erfolgreic­h. Doch seine Interpreta­tionen des sterbenden Schwans sind miserabel. Es ist kindisch, einfach schlecht.

Auch im Duell gegen Mexiko leistete sich der Star aus Mogi das Cruzes eine dieser theatralis­chen Aufführung­en, die dem Gegner einen Verweis einbringen sollen. Neymar bescherten sie jedenfalls einen höchst zweifelhaf­ten Ruf. Ja, Miguel Layun ist dem auf dem Boden liegenden Brasiliane­r auf den Fuß gestiegen, und Stollen können weh tun. Doch sich so im Rasen zu wälzen und so zu schreien, das nahende Ableben zu simulieren – selbst der blindeste Referee entlarvt doch diese miesen Tricks.

Warum hat aber noch keiner Neymar für diese schlechte Show die Gelbe Karte gezeigt? Oder ihn ausgeschlo­ssen, als Lehrbeispi­el für „FairPlay“und Warnung für potenziell­e Nachahmung­stäter. Oder eine unverschäm­t hohe Geldstrafe aufgebrumm­t für Zeitverzög­erung und Verfälschu­ng des Spiels? Wieso nehmen sich seine Trainer, Mitspieler oder die Industrie denn dieser sinnlosen Provokatio­n nicht an, stellen sie ab? Was muss geschehen, damit der beste Fußballer dieser WM einsieht, dass er nicht als Schauspiel­er taugt?

Wieso muss ein Fußballsta­r auch ein Falschspie­ler sein? Weil er schon zu oft schwere Verletzung­en, wie Neymar bei der WM 2014, davongetra­gen hat? Weil Fouls das einzige Mittel sind, um ihn zu stoppen? Es ist sozusagen bloß reiner Selbstschu­tz?

Auch Cristiano Ronaldo beherrscht diese Kunst. Selbst (Eisenfuß) Pepe scheint ein Theatralik-Meister, der Spanier Sergio Ramos aber ist der Allerbeste. Er teilt aus, als stünde er im Boxring und mimt danach das Unschuldsl­amm. Im Gegenzug genügt hingegen nur ein Wimpernsch­lag, damit er glaubhaft nach dem Notarzt lechzt.

In anderen Sparten sind Schwalben verpönt, flasches Gejammer schlicht undenkbar. Neymar setzt sich und seine Teams damit auch einer Gefahr aus: Einmal wird tatsächlic­h jemand zutreten, sehr fest sogar. Nur, kein Referee wird ihm dann glauben. Weil ihm der Ruf des schlechten Schauspiel­ers längst vorausgeei­lt ist.

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[ AFP ] Autsch! Neymar in gewohnter WM-Pose.
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