Der starke Schwächling aus China
Währung. Der chinesische Yuan verliert rapide an Wert. Peking will „irrationale Überreaktion“beenden. Doch die Frage bleibt: Macht China seine Währung im Handelskrieg wieder zur Waffe?
Die längste Zeit wird schon diskutiert, wie sich China im Handelsstreit mit den USA zur Wehr setzen könnte. Doch während die Debatte läuft, könnte Peking seine Antwort auf den Märkten bereits gegeben haben: In wenigen Tagen verlor der chinesische Yuan deutlich an Wert gegenüber dem USDollar. Nun stellt sich die Frage: Ist das ein Zeichen für die Verwundbarkeit der chinesischen Volkswirtschaft, oder kramt Peking wieder in der alten Währungs-Trickkiste, um im Handelsstreit Punkte gegen Trump gutzumachen?
Wir erinnern uns: Jahrelang warfen die USA der Volksrepublik vor, die eigene Währung bewusst zu schwächen, um damit Vorteile im internationalen Handel einfahren zu können. Denn je schwächer der Yuan, desto billiger sind chinesische Waren auf dem Weltmarkt zu haben. Umgekehrt werden Einfuhren nach China verhältnismäßig teurer, was westliche Produkte weniger wettbewerbsfähig macht. Ob Absicht oder nicht, der imposante Aufstieg der Exportnation China wäre mit einer stärkeren Währung nicht möglich gewesen. Es hätte also eine gewisse Logik, wenn Peking gerade jetzt auf eine Schwächung des Yuan setzte, um den Trump’schen Einfuhrzöllen etwas entgegenzuhalten.
Angst vor Kapitalflucht
Offiziell sind die angeblichen Währungsmanipulationen seit drei Jahren kein Thema mehr. China sagte damals zu, den Yuan an einen Korb internationaler Währungen zu koppeln und innerhalb eines täglich neu festgesetzten Bandes schwanken zu lassen. Über diesen Fixing-Mechanismus hält die Notenbank (Peoples Bank of China) das Schicksal der Währung allerdings weiter fest in ihren Händen. Die Tatsache, dass der Yuan nun- mehr seit Mitte Juni sukzessive fällt, kann als Zeichen dafür gewertet werden, dass die Verantwortlichen zumindest eine gewisse Abwertung gutheißen.
Damit war es am Dienstag aber vorbei: Staatsmedien schrieben gegen die „irrationale Übertreibung“an, die auch die chinesischen Aktienmärkte schon erfasst hatte. Die Währungshüter sicherten zu, den Yuan weitgehend stabil zu halten. Peking hat mehr als drei Billionen Dollar an Währungsreserven, um gegen die Yuan-Schwäche anzukämpfen.
Diese Reaktion zeigt vor allem eines: Egal, ob die Abwertung der Regierung in Peking nun zupass kommt oder nicht, es geht ihr in jedem Fall zu schnell. Ein Minus von 3,5 Prozent gegenüber dem USDollar allein wäre noch kein Grund zur Sorge. Passiert das aber in wenigen Tagen, sieht die Sache anders aus. In keinem anderen Monat hatte der Yuan schneller an Wert verloren. Und die Erinnerung an 2015 ist auch bei der Notenbank nicht verblasst.
Damals ließ die Regierung den Yuan abwerten. Die Folgen waren Turbulenzen auf den chinesischen Aktienmärkten und eine gewaltige Kapitalflucht aus dem Land. Peking hat also ein starkes Eigeninteresse, die Währung nicht zu drastisch abwerten zu lassen – oder wenigstens das Tempo zu bestimmen.
Starke USA, schwaches China?
Der abrupte Währungsverfall lässt sich aber auch ganz ohne Handelskrieg erklären: Faktum ist, dass sich die beiden Wirtschaftsräume USA und China konjunkturell gerade stark auseinanderentwickeln. Die US-Wirtschaft brummt, die amerikanische Notenbank hält ihre Zügel straffer. Das stärkte den Dollar auch gegenüber anderen Währungen zuletzt stark. In China dämpfen indes strengere Regeln zur Kreditvergabe das Wachstum. Verglichen mit den Währungen anderer Schwellenländer, hat sich der Yuan zuletzt auch überdurchschnittlich gut gehalten. Ein gewisser „Aufholbedarf“nach unten ist also zumindest argumentierbar.
Ob und wie Peking letztlich auf die Einführung der US-Strafzölle in Milliardenhöhe reagieren wird, wird sich frühestens am Freitag zeigen, wenn die ersten Zölle in Kraft treten. Eines ist allerdings heute schon klar: Je mehr Trump den Handelsstreit eskalieren lässt, desto eher wird China versucht sein, als Gegengift den schwachen Yuan auszupacken.