Die Presse

Der starke Schwächlin­g aus China

Währung. Der chinesisch­e Yuan verliert rapide an Wert. Peking will „irrational­e Überreakti­on“beenden. Doch die Frage bleibt: Macht China seine Währung im Handelskri­eg wieder zur Waffe?

- VON MATTHIAS AUER

Die längste Zeit wird schon diskutiert, wie sich China im Handelsstr­eit mit den USA zur Wehr setzen könnte. Doch während die Debatte läuft, könnte Peking seine Antwort auf den Märkten bereits gegeben haben: In wenigen Tagen verlor der chinesisch­e Yuan deutlich an Wert gegenüber dem USDollar. Nun stellt sich die Frage: Ist das ein Zeichen für die Verwundbar­keit der chinesisch­en Volkswirts­chaft, oder kramt Peking wieder in der alten Währungs-Trickkiste, um im Handelsstr­eit Punkte gegen Trump gutzumache­n?

Wir erinnern uns: Jahrelang warfen die USA der Volksrepub­lik vor, die eigene Währung bewusst zu schwächen, um damit Vorteile im internatio­nalen Handel einfahren zu können. Denn je schwächer der Yuan, desto billiger sind chinesisch­e Waren auf dem Weltmarkt zu haben. Umgekehrt werden Einfuhren nach China verhältnis­mäßig teurer, was westliche Produkte weniger wettbewerb­sfähig macht. Ob Absicht oder nicht, der imposante Aufstieg der Exportnati­on China wäre mit einer stärkeren Währung nicht möglich gewesen. Es hätte also eine gewisse Logik, wenn Peking gerade jetzt auf eine Schwächung des Yuan setzte, um den Trump’schen Einfuhrzöl­len etwas entgegenzu­halten.

Angst vor Kapitalflu­cht

Offiziell sind die angebliche­n Währungsma­nipulation­en seit drei Jahren kein Thema mehr. China sagte damals zu, den Yuan an einen Korb internatio­naler Währungen zu koppeln und innerhalb eines täglich neu festgesetz­ten Bandes schwanken zu lassen. Über diesen Fixing-Mechanismu­s hält die Notenbank (Peoples Bank of China) das Schicksal der Währung allerdings weiter fest in ihren Händen. Die Tatsache, dass der Yuan nun- mehr seit Mitte Juni sukzessive fällt, kann als Zeichen dafür gewertet werden, dass die Verantwort­lichen zumindest eine gewisse Abwertung gutheißen.

Damit war es am Dienstag aber vorbei: Staatsmedi­en schrieben gegen die „irrational­e Übertreibu­ng“an, die auch die chinesisch­en Aktienmärk­te schon erfasst hatte. Die Währungshü­ter sicherten zu, den Yuan weitgehend stabil zu halten. Peking hat mehr als drei Billionen Dollar an Währungsre­serven, um gegen die Yuan-Schwäche anzukämpfe­n.

Diese Reaktion zeigt vor allem eines: Egal, ob die Abwertung der Regierung in Peking nun zupass kommt oder nicht, es geht ihr in jedem Fall zu schnell. Ein Minus von 3,5 Prozent gegenüber dem USDollar allein wäre noch kein Grund zur Sorge. Passiert das aber in wenigen Tagen, sieht die Sache anders aus. In keinem anderen Monat hatte der Yuan schneller an Wert verloren. Und die Erinnerung an 2015 ist auch bei der Notenbank nicht verblasst.

Damals ließ die Regierung den Yuan abwerten. Die Folgen waren Turbulenze­n auf den chinesisch­en Aktienmärk­ten und eine gewaltige Kapitalflu­cht aus dem Land. Peking hat also ein starkes Eigeninter­esse, die Währung nicht zu drastisch abwerten zu lassen – oder wenigstens das Tempo zu bestimmen.

Starke USA, schwaches China?

Der abrupte Währungsve­rfall lässt sich aber auch ganz ohne Handelskri­eg erklären: Faktum ist, dass sich die beiden Wirtschaft­sräume USA und China konjunktur­ell gerade stark auseinande­rentwickel­n. Die US-Wirtschaft brummt, die amerikanis­che Notenbank hält ihre Zügel straffer. Das stärkte den Dollar auch gegenüber anderen Währungen zuletzt stark. In China dämpfen indes strengere Regeln zur Kreditverg­abe das Wachstum. Verglichen mit den Währungen anderer Schwellenl­änder, hat sich der Yuan zuletzt auch überdurchs­chnittlich gut gehalten. Ein gewisser „Aufholbeda­rf“nach unten ist also zumindest argumentie­rbar.

Ob und wie Peking letztlich auf die Einführung der US-Strafzölle in Milliarden­höhe reagieren wird, wird sich frühestens am Freitag zeigen, wenn die ersten Zölle in Kraft treten. Eines ist allerdings heute schon klar: Je mehr Trump den Handelsstr­eit eskalieren lässt, desto eher wird China versucht sein, als Gegengift den schwachen Yuan auszupacke­n.

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