Die Presse

Parlamenta­rier und ihr Rezept für den Pay Gap

Im Hohen Haus hat man sich ziemlich weit von der Lebensreal­ität entfernt.

- Josef.urschitz@diepresse.com

N eulich hat sich der Rechnungsh­ofausschus­s des Parlaments mit dem Gender Pay Gap, also dem Gehaltsunt­erschied zwischen Männern und Frauen, beschäftig­t. Und dabei mit den alten, hundertmal widerlegte­n Kraut- und Rübenvergl­eichen hantiert. Um 22,9 Prozent verdienen Männer in Österreich demnach mehr als Frauen, wurde wortreich beklagt. Der zweithöchs­te Gap in der EU.

Kann man so sehen, wenn man die Teilzeit-Regalschli­chterin mit dem Vollzeit-Filialleit­er vergleicht. Stellt man Gleiches mit Gleichem in Relation, also Friseurin mit Friseur, statt Friseurin mit Mechatroni­ker, dann wird der Unterschie­d allerdings kleiner. So auf sieben bis acht Prozent, schätzen Experten. Die Lücke ist natürlich immer noch viel zu groß und gehört geschlosse­n. Aber wie?

Nun, die wesentlich­en Ursachen sind bekannt: Unterschie­dliche Karriereve­rläufe wegen kinderbedi­ngter Auszeiten, Berufswahl (Frauen sind überpropor­tional in Niedrigloh­nbranchen vertreten) und überpropor­tionaler Teilzeitan­teil.

Letzterer hat nicht nur mit seltsamen Usancen im Handel zu tun, sondern zum großen Teil auch mit mangelnden Kinderbetr­euungseinr­ichtungen. Weniger mit der Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze, als mit deren Öffnungsze­iten. Eine Alleinerzi­eherin, die im Ernstfall künftig bis zu zwölf Stunden arbeiten sollte, kann das eben nur, wenn auch die Betreuungs­einrichtun­g so lange offen hat. In Skandinavi­en klappt das (da spielt allerdings auch die Wirtschaft mit), bei uns leider nicht. W ir lassen die wichtigste Ursache für den Gender Pay Gap also unangetast­et. Kein Wunder allerdings, wenn man weiß, wie die Damen und Herren Parlamenta­rier das Problem angehen wollen: Mit steuerlich­en Maßnahmen, besserer Absetzbark­eit der Kinderbetr­euung und einer höheren Pendlerpau­schale.

Genial: Betroffene, die (beispielsw­eise im Handels KV) mangels Einkommen kaum Steuer zahlen, sollen doch einfach hohe Kinderbetr­euungskost­en von der Mini-Steuer absetzen. Sieht so aus, als hätte man sich im Hohen Haus schon ziemlich weit von der Lebensreal­ität im Lande entfernt.

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