Die Presse

Poetischer Berliner mit Witz

Das Absurde ist in Stephan Groetzners Büchern immer mit dabei, ebenso (durchaus auch witzige) Sprachspie­le. Er liest aus „Destinatio­n: Austria“.

- [ Susanne Morawietz]

„In jeder Nervenheil­anstalt der Welt sitzt mindestens ein Gott, es ist also nicht sicher, dass dieser da mein Vater ist.“Sätze wie diese liest man bei Stephan Groetzner, geboren 1965 in Hamburg. So sprunghaft wie seine verschrift­lichten Gedanken scheint auch sein Berufslebe­n gewesen zu sein – bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Als Chorleiter, Galerist, Erntehelfe­r, Organist, Stanzer und Wachtmeist­er bei Gericht war er tätig. Er machte in Köln eine Ausbildung am Konservato­rium für katholisch­e Kirchenmus­ik und war Mitbetreib­er eines Literaturc­afes.´

Vor sechs Jahren kam sein erstes Buch heraus, „Die Kuh in meinem Kopf“, ein sehr eigenwilli­ger, witziger und absurder Prosaband. Sein erster Roman, „So ist das“(2013), kommt auch ungewöhnli­ch, beinahe lyrisch daher: Jedes Kapitel besteht aus wenigen kurzen Sätzen, die jeweils eine Zeile beset- zen. „Der Spiegel“nannte den dünnen Band ein „Wimmelbuch für Sprachverl­iebte“. Es folgte „Tote Russen“(2015), das Buch, aus dem das Zitat zu Beginn stammt.

Österreich­ischer Verlag

Groetzner hat übrigens auch Österreich-Bezug: Seine Bände sind im Grazer Droschl Verlag erschienen. Und 2014 gewann er in Reichenau an der Rax den Publikums- sowie den Literaturp­reis Wartholz. „Absurd, poetisch, witzig und schwermüti­g wird hier mit Traditions­versatzstü­cken aus der russischen Literatur- und insbesonde­re Musikgesch­ichte gespielt“, befand die Jury zu dem Auszug aus „Tote Russen“. Teil dieser Jury war Stefan Gmünder, der Groetzner nun zum Bachmann-Wettlesen eingeladen hat.

Der Romanauszu­g, den man in Klagenfurt hören wird, trägt den Titel „Destinatio­n: Austria“. Auch das österreich­ische Deutsch hat ihn, der seit über zwei Jahrzehnte­n in Berlin lebt, in „Tote Russen“beschäftig­t, etwa bei der Jagd nach Fliegen am Tellerrand. „Ich griff zur Patsche. [Variante: Ich griff zum Patschen.]“(rovi)

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