Die Presse

Die Schweizer Apokalypti­kerin

Schreibt zumeist über den drohenden Untergang. Und in „Knochenlie­der“auch besonders leidenscha­ftlich über die Musik.

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Wenn Martina Clavadetsc­her schreibt, dann zuerst per Hand. Stift auf Papier, um die Geschwindi­gkeit der Worte spüren zu können. Davon erzählt die Autorin gerne in Interviews, vom besonderen Rhythmus, der durch die Bewegung entsteht. Die Computerta­statur kann warten – jedenfalls bis zur zweiten Fassung. So war es auch bei „Knochenlie­der“, ihrem zweiten Roman. Ein Text, den die Schweizeri­n selbst als „Zwitterwes­en“beschreibt, eine Mischform aus Prosa, Lyrik und Dramatik. „Ich wollte dieses Mal ganz frei sein von der Form“, sagt Clavadetsc­her in einem Radiointer­view über die „Knochenlie­der“.

Zu Hause fühlt sich die 38-Jährige, die in einem kleinen Schweizer Ort lebt, irgendwo zwischen den Genres der Literatur. Sie erzählt in Versen, manchmal auch in Sätzen, die wie Regieanwei­sungen anmuten, die Geschichte von vier Familien über rund sechs Jahrzehnte. Abgeschott­et leben sie in einem Dorf, die Zukunft zeigt ein bitterböse­s Gesicht. 2017 wurde der Roman für den Schweizer Buchpreis nominiert. Über das Ende, die drohende Apokalypse zu schreiben – das liegt Clavadetsc­her. Das zeigt sich auch in ihren Texten für die Bühne, in der Spielzeit 2013/2014 war sie Hausautori­n am Luzerner Theater.

Im Stück „Umständlic­he Rettung“erzählt Clavadetsc­her von Sodom und Gomorrha und einer Wissenscha­ftlerin, die als Engel die Retterin vor der Katastroph­e sein soll. Und in „Der letzte Europäer“denkt Clavadetsc­her gar über den Untergang eines ganzen Kontinents nach. „My only friend, the end“dreht sich, frei nach den Doors, um die Sehnsucht nach dem Tod. Den „Knochenlie­dern“stellt Clavadetsc­her eine Zeile der Smashing Pumpkins voran, später webt sie David Bowies „Life on Mars?“ein. Das letzte Kapitel betitelte sie schlicht mit „Musik“. Martina Clavadetsc­her liest auf Einladung von Hildegard E. Keller. (wal)

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