Die Presse

Leichtes Spiel für Hassan Rohani in Wien

Iran. Präsident Rohani wettert in Wien mit Gastgeber Van der Bellen gegen den US-Ausstieg aus dem Atomabkomm­en – und stellt Bedingunge­n. Von kritischen Fragen bleibt er verschont.

- VON CHRISTIAN ULTSCH

So hat es der iranische Präsident gern. Hassan Rohani blieb in Wien unbehellig­t von kritischen Fragen. Journalist­en durften einfach keine stellen: weder bei der Pressekonf­erenz mit Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, die passenderw­eise in der Geheimen Ratsstube der Hofburg stattfand, noch vis-`a-vis im Bundeskanz­leramt bei Rohanis späterem Auftritt mit Sebastian Kurz. Die iranische Seite habe sich dies schon vor zwei Wochen ausbedunge­n, hieß es dazu in der Präsidents­chaftskanz­lei. Was solle man da machen, man könne die Gäste aus der Islamische­n Republik ja nicht zwingen, sich Journalist­enfragen auszusetze­n.

Und so hatte Rohani vor der Medienscha­r freie Bahn. Seine Ausführung­en kreisten um das vor drei Jahren in Wien abgeschlos­sene Atomabkomm­en, aus dem USPräsiden­t Trump im Mai krachend ausgestieg­en ist. Die Amerikaner hätten nicht nur gegen eine internatio­nale Vereinbaru­ng verstoßen, sondern auch gegen den Frieden, die Stabilität in der Welt – und ihre eigenen nationalen Interessen, wetterte Rohani.

Atomgipfel am Freitag in Wien

Die Atomverein­barung sei wichtig für die gesamte Welt. Und seine Regierung, so Rohani, sei bereit, sich auch ohne die USA weiterhin daran zu halten. Allerdings nur unter der Bedingung, dass der Iran davon profitiere­n könne. Am Freitag sollen die Außenminis­ter der Unterzeich­nerstaaten Iran, Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien, Russland und China in Wien zusammenko­mmen, um das Atomabkomm­en zu retten. Doch so einfach ist das nicht. Denn die Amerikaner haben nicht nur die Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft gesetzt. Sie drohen auch, ausländisc­he Unternehme­n, die Geschäfte im Iran treiben, mit Strafmaßna­hmen vom US-Markt fernzuhalt­en. Die Iraner verlangen dem Vernehmen nach viel: volle Kompensati­on.

In der Kritik an den USA war sich Österreich­s Bundespräs­ident, Alexander Van der Bellen, mit seinem Gast aus dem Iran einig. Er bezeichnet­e die US-Sekundärsa­nktionen, die auch österreich­ische Firmen betreffen, angesichts ihrer extraterri­torialen Anwendung als Verletzung des Völkerrech­ts. Das Wiener Atomabkomm­en sei ein Schlüssele­lement für die Nichtverbr­eitung von Atomwaffen, das der UN-Sicherheit­srat damals einstimmig abgesegnet habe. Die in Wien ansässige Atomenergi­ebehörde habe dem Iran in elf Berichten bestätigt, sich daran gehalten zu haben. Das Atomabkomm­en sei nie dafür gedacht gewesen, alle Probleme in den Beziehunge­n mit dem Iran zu lösen, habe dafür aber ein Fenster geöffnet.

Trump hat das Atomabkomm­en als schlechtes­ten Deal aller Zeiten bezeichnet. Ihn stört nicht nur, dass es ein Ablaufdatu­m trägt und der Iran danach sein Nuklearpro­gramm wieder hochfahren darf. Als irritieren­d empfinden die Amerikaner, dass das islamistis­che Regime in Teheran seinen Einfluss in Nahost aggressiv ausbaut und dafür auch Mittel verwenden könnte, die es nach Lockerung der Wirtschaft­ssanktione­n im Gegenzug für das Einfrieren seines Atomprogra­mms bezieht. Tatsächlic­h führt der Iran nicht nur in Syrien an der Seite Assads Krieg, sondern auch im Jemen. Zudem stützt Teheran die Hisbollah-Milizen im Südlibanon und palästinen­sische Terrororga­nisationen.

„Juden haben Schuld uns gegenüber“

Israels Premier, Benjamin Netanjahu, warf Europa vor Rohanis Besuchen in Wien und Bern Beschwicht­igungspoli­tik vor. Sebastian Kurz telefonier­te mit Netanjahu, noch bevor er Rohani traf. In seiner Presseerkl­ärung bezeichnet­e es der Kanzler als inakzeptab­el, dass im Iran der Holocaust geleugnet, Israels Existenzre­cht infrage gestellt oder gar zu dessen Vernichtun­g aufgerufen werde. Danach wurde es in einem Schlagtaus­ch mit Rohani bizarr. „Wir haben die Juden in Babylon ge- rettet. Sie haben eine Schuld uns gegenüber“, sagte der Präsident des Iran und blickte dabei auf die babylonisc­he Gefangensc­haft zurück, die mehr als 2500 Jahre zurücklieg­t. Der Iran habe gute Beziehunge­n zu Juden in aller Welt, nicht aber zu den Zionisten, die Menschen in Gaza unterdrück­en und den Islamische­n Staat (IS) in Syrien unterstütz­en würden.

Auch Van der Bellen hatte zuvor ein klares Bekenntnis zum Existenzre­cht Israels abgelegt, zugleich aber von den seit 160 Jahren bestehende­n diplomatis­chen Beziehunge­n Österreich­s zum Iran geschwärmt. Der Dia- log sei auch in schwierige­n Zeiten stets aufrechter­halten worden.

Hofburg: „Terrordipl­omat“kein Thema

Unerwähnt ließ Van der Bellen, dass das Außenamt am Vortag einem Botschafts­rat an der iranischen Botschaft in Wien den Diplomaten­status aberkannt hatte. Gegen den Mann liegt ein europäisch­er Haftbefehl vor. Ihm wird zur Last gelegt, Kopf eines terroristi­schen Komplotts zu sein, dessen Ziel ein Bombenansc­hlag auf eine Versammlun­g des opposition­ellen Nationalen Widerstand­srats des Iran nahe Paris gewesen sei. Der Diplomat sitzt in Deutschlan­d in Haft. Die Regierung des Iran streitet alles ab und spricht von einer Machenscha­ft unter „falscher Flagge“. Dieser Interpreta­tion scheint man tendenziel­l auch in der Wiener Präsidents­chaftskanz­lei zu folgen. Van der Bellen schnitt das Thema auch nicht im Delegation­sgespräch an. Kurz indes forderte wenigstens „volle Aufklärung“.

Anhänger des Nationalen Widerstand­srats demonstrie­rten am Stephanspl­atz. Weit außerhalb des abgesperrt­en Hofburg-Areals und der Sichtweite Rohanis.

 ?? [ Reuters ] ?? Der Präsident des Iran, Hassan Rohani, beteuerte in der Hofburg bei Alexander Van der Bellen, dass er das Atomabkomm­en auch ohne die USA aufrechter­halten wolle. Doch Teheran fordert vor dem Atomgipfel in Wien am Freitag so einiges.
[ Reuters ] Der Präsident des Iran, Hassan Rohani, beteuerte in der Hofburg bei Alexander Van der Bellen, dass er das Atomabkomm­en auch ohne die USA aufrechter­halten wolle. Doch Teheran fordert vor dem Atomgipfel in Wien am Freitag so einiges.

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