Wiens weltbester Martini-Mixer
Barkultur. Tom Sipos macht den offiziell weltbesten Wodka-Martini, vergrößert seine Barschule – und plant eine neue Bar in den Innenstadt. Vielleicht.
Wenn die Russen einen Wettbewerb ausrichten und Österreich gewinnt – dann handelt es sich nicht um die Fußball-WM. Sondern um den Wodka Martini-Wettbewerb von Elit, die Vorzeigemarke von Stolichnaya. Der fand kürzlich in Bilbao statt, mit dem Wiener Tom Sipos als Sieger.
Die Geschichte dazu ist voller Zufälle. Zum Beispiel hatte Sipos gar nicht teilnehmen wollen, sich dann aber doch überreden lassen (den letzten Wettbewerb bestritt er 2002). Drei Tage hatte er da nur noch Zeit für ein Rezept, er testete es am letzten Tag – und stellte fest, dass sein Drink mit Chiliöl letztlich viel zu scharf war. So erfand und fotografierte er innerhalb von drei Stunden Ersatz (u. a. mit Tabaklikör und Teapot Bitters), mit dem er dann den Österreich-Bewerb und eine Teilnahme in Bilbao gewann.
Dorthin flog er nicht allein: Österreich hatte neben Sipos einen zweiten lokalen Finalisten schicken dürfen, es wurde ausgerechnet Gerry Fryd vom Barfly’s, für den Sipos so etwas wie ein Mentor ist. Als in Bilbao das 20 Barkeeper große Starterfeld schon auf 10 minimiert war und die verbliebenen via Los in Paare aufgeteilt wurden, landeten die beiden ausgerechnet beieinander. Sie glaubten an ein k.o.-System, begannen sich im Spaß gegenseitig zu dissen – und dürften, glaubt man der Erzählung, damit eine ziemliche Show abgeliefert haben. Am Ende landeten beide im Finale der besten fünf – in Wahrheit hatte man bei den Teams einfach die Punkte zusammengezählt.
Im großen Finale standen dann, passend zur elitären Wodka-Vermarktung, fünf Luxuszutaten zur Auswahl: Kaviar und Safran, Tahiti-Vanille, schwarze Trüffel und Kopi Luwak-Kaffee (der aus der Katze). Sipos entschied sich gegen allzu große Experimente („im Endeffekt geht es hier ja immer noch um einen Martini-Cocktail“) und für die Vanilleschote und ein paar Tropfen aus dem Trüffelglas, dazu kam neben dem Wodka trockener Wermut ins mit Orange Bitter ausgeschwämmte Glas.
Die Siegerehrung – in der Jury war etwa Alessandro Palazzi, „Master of the Martini“im Londoner Dukes gesessen – fand im Nerua im Guggenheim Museum statt, und weil die Wodka-Marke auch Sponsor der „World’s 50 Best Restaurants“war, gab es gleich auch noch eine Einladung zu den Oscars der Gastronomiebranche, die ebenfalls in Bilbao verliehen wurden. Die Gala im Euskalduna Centre fiel für Österreich zwar bekanntlich mit einem kleinen Hauch Enttäuschung (mit Platz 14 ist das Steirereck nicht mehr unter den ersten zehn), aber natürlich immer noch erfreulich aus.
Sipos, der 2003 für Southern Comfort selbst den ersten Show-BarkeeperWettbewerb in Österreich organisiert hat, ist inzwischen längst wieder mit anderen Dingen beschäftigt – er zieht gerade mit seiner Barschule um. 2004 hatte er die Austrian Bar Academy gegründet, mit der er direkt und fürs Wifi Barkeeper in einem Lehrgang ausbildet. Mehr Schüler (sechs bzw. zehn pro Kurs) wird er auch in Zukunft nicht aufnehmen, nichtsdestotrotz braucht
wurde als BWL-Student beim Kellnern in einem französischen Restaurant vom Engländer Mark Jarvis (ehemals im Londoner Savoy) für Wiens erste Flairbar engagiert und dort ausgebildet. Er gründete das Showbarkeeper-Team Austria und später die Austrian Bar Academy (demnächst in der Nähe des Millennium Towers). Daneben bietet er Bar-Caterings an. Bei der „Elit Vodka Art of the Martini Competition“, die im Rahmen der „World’s 50 Best Restaurants“Verleihung in Bilbao zum 3. Mal stattfand, gewann er das internationale Finale. er mehr Platz (auch, weil die Aufträge für Bar-Catering in letzter Zeit explodiert seien). So siedelt er nun vom Servitenviertel in den 20. Bezirk, wo er statt 75 künftig 190 Quadratmeter Platz zur Verfügung hat.
Daneben wälzt der 51-Jährige – vorsichtig – mit Partnern Pläne für eine eigene Bar. Nach gut sechs Jahren hatte er im Jänner im Barfly’s aufgehört und eigentlich kürzer treten wollen – würden da nicht ein, zwei Konzepte für eine Bar im ersten Bezirk in seinem Kopf herumspuken; auch eine mögliche Übernahme steht im Raum. Gerade habe man jedenfalls zwei Locations besichtigt. „Wenn“, sagt Sipos, „dann nichts Großes“. Gerade der persönliche Umgang sei ihm wichtig. Aus diesem Grund lasse er sich auch höchst ungern einen Mixologen nennen. Zu sehr verbinde er damit abgehobene Möchtegern-Kreative, die dem Gast vorschreiben wollen, was er trinken soll. Er selbst sei schlicht ein Barkeeper – da, „um den Leuten einen schönen Abend zu machen“.
Und weil der Job physisch durchaus fordernd ist, sorgt er für Ausgleich – mit Poker. Demnächst tritt er bei den EM in Velden an. „Da geht’s dann um Ausdauer und um Geduld“, sagt er. Und vielleicht, scherzt er, geht sich ja auch dort ein Sieg aus.