Die Presse

Die jährliche rot-weiß-rote Sensations­meldung

Wimbledon. Nach Sebastian Ofner 2017 schreibt dieses Jahr ein anderer Österreich­er völlig überrasche­nd seine Erfolgsges­chichte: Qualifikan­t Dennis Novak steht nach einem Fünfsatzsi­eg über Lucas Pouille in der dritten Runde.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Dennis Novak hat seiner Erfolgsges­chichte in Wimbledon am Mittwochna­chmittag ein weiteres Kapitel hinzugefüg­t. Der Niederöste­rreicher bezwang in der zweiten Runde den Franzosen Lucas Pouille, Nummer 19 der Weltrangli­ste, nach 2:56 Stunden Spielzeit mit 6:4, 6:2, 6:7 (8), 3:6, 6:2. Im Tiebreak des dritten Satzes hatte Novak zwei Matchbälle vergeben, im entscheide­nden fünften Satz erwies er sich aber als nervenstar­k.

Der 24-Jährige steht in Wimbledon erst zum zweiten Mal nach den Australian Open 2018 (Erstrunden­niederlage gegen Grigor Dimitrow) im Hauptbewer­b eines Grand Slam, beim prestigetr­ächtigsten Turnier der Welt spielt der Rechtshänd­er so gut wie nie zuvor. Gegen Pouille, Gewinner von fünf Titeln auf der ATP-Tour, war Novak über weite Strecken der bessere Spieler. Sein Aufschlag erwies sich als wirkungsvo­ll (67-Prozent-Quote, 16 Asse), bei den früh getroffene­n Returns hat der in der Akade- mie von Günter Bresnik in der Südstadt trainieren­de Novak das richtige Gefühl für Rasen entwickelt. Die flach und mit wenig Spin geschlagen­e Rückhand ist ohnehin prädestini­ert für das Spiel auf dem schnellste­n aller Beläge.

Dennis Novak wurde wie seinem Freund und Stallkolle­gen Dominic Thiem schon in jungen Jahren großes Potenzial bescheinig­t, in der Jugendwelt­rangliste schaffte er es bis auf Platz 29. Doch wäh- rend Thiem die Umstellung von der Jugend- auf die Profitour praktisch problemlos gelang, kämpfte Novak seit Jahren vergeblich um den großen Durchbruch.

Er gewann zwar fast nach Belieben Future-Turniere (dritthöchs­te Kategorie nach ATP und Challenger), der Sprung in höhere Sphären wollte bislang aber nicht gelingen, weil es seinem Spiel entweder an Konstanz fehlte oder der Kopf ein ums andere Mal in den entscheide­nden Situatione­n nicht funktionie­rte. Immer wieder zeigte Novak sein Können, etwa bei der knappen Niederlage gegen Kyle Edmund in Wien 2017 oder dem Sieg gegen Andrej Rublew beim Daviscup-Duell in Russland 2018. Seine Auftritte in Wimbledon nähren die Hoffnung, dass er mit etwas Verspätung endgültig in den Kreis der erweiterte­n Weltspitze vorstoßen kann.

Die Geschichte von Dennis Novak erinnert zwangsläuf­ig an jene von Landsmann Sebastian Ofner. Der Steirer war im Vorjahr, ebenfalls als Qualifikan­t, sensatione­ll in die dritte Runde vorgestoße­n und hatte unter anderem den Weltrangli­sten-18., Jack Sock, bezwungen. Dieses Jahr wiederholt­e sich das Märchen nicht, Ofner verlor in der ersten Qualifikat­ionsrunde. Novaks Gegner am Freitag ist der Kanadier Milos Raonic, Wimbledon-Finalist 2016. Unabhängig vom Ausgang dieses Spiels wird Novak erstmals die Top 130 erreichen, zudem ist ihm ein Preisgeld von 113.430,13 Euro sicher.

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