ICO: Auf der Suche nach rechtlichen Vorbildern
Kapitalmarkt. Digitale Börsegänge (ICO) sind in der EU und auch in Österreich rechtlich weitgehend ungeregelt. Das macht Investitionen in Token und Coins auch so riskant. Die Schweiz ist da schon viele Schritte weiter.
„Ein Investment in einen Initial Coin Offering (ICO) ist in der Regel mit einem hohen Risiko verbunden, das auch zu einem Totalverlust führen kann“, warnt die Finanzmarktaufsicht auf ihrer Homepage. Das ändert nichts daran, dass sich ICOs – auch in Österreich – immer größerer Beliebtheit erfreuen. Denn damit lassen sich relativ unkompliziert Unternehmens- und Projektfinanzierungen auf die Beine stellen. Coins und Token werden vornehmlich von Start ups an Investoren gegen Zahlung einer Kryptowährung (meist Bitcoin oder Ethereum) ausgegeben. Was der Anleger mit Token in Händen hält – einen Anteil am Unternehmen, an einem noch zu erwirtschaftenden Erlös oder ein Stimmrecht – ist dabei nicht immer klar und immer wieder Grund für Rechtsstreitigkeiten.
Viele Länder, auch Österreich, haben erkannt, dass gesetzliche Rahmenbedingungen notwendig sind. ICOs unterliegen nämlich derzeit weder einer Regulierung noch einer Aufsicht. Und da sie oft im Ausland via Internet stattfinden, tun sich Anleger im Streitfall schwer, ihre Rechte geltend zu machen. Finanzminister Hartwig Löger hat deshalb vor einigen Monaten einen Fintech-Beirat ins Leben gerufen. Dessen Experten sollen Vorschläge erarbeiten, wie ICOs künftig geregelt werden sollen. Bevor man an einem Gesetzesentwurf zu basteln beginnt, müsse man sich jedoch über folgendes klar werden, sagt Rechtsanwalt Michael Dobrowolski (Freshfields): „Derzeit gibt es etwa 1600 Kryptowährungen und täglich kommen neue hinzu. Es ist rechtlich unerlässlich, sie zu kategorisieren und einmal festzulegen, welche Art von Kryptowährung im Rahmen eines ICO ausgegeben werden darf.“
Man muss also zwischen Coins und Token unterscheiden. Bei Token kann man je nach Zweck zwischen Currency Token, Utility Token und Investment Token differenzieren. „Die Unterscheidung zwischen diesen drei Arten ist nicht immer leicht zu treffen, aber für die Einordnung am Kapital- markt erforderlich. Investment Token unterliegen grundsätzlich den jeweiligen anwendbaren Kapitalmarktgesetzen. Currency Token fallen nicht darunter, weil sie eine Zahlungsfunktion erfüllen. Die meisten Token sind jedoch UtilityToken und gerade hier ist die Rechtslage nicht immer eindeutig“, sagt der Anwalt. Wie aber gehen andere Länder rechtlich mit ICOs um?
IDie Schweiz hat sich bereits als eine der bedeutendsten Jurisdiktionen für ICOs etabliert. UtilityToken gelten dort nicht als Wertpapiere, wenn der Token ausschließlich einen Anspruch auf Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung vermittelt und der Nutzung-Token im Zeitpunkt der Ausgabe in diesem Sinne einsetzbar ist. „Diese Klarstellung verhalf der Schweiz zu einem wesentlichen Zuwachs von ICOs, nur Singapur und Hong Kong scheinen hier noch toleranter zu sein“, sagt Dobrowolski.
IIn Singapur haben eine Reihe erfolgreicher ICOs stattgefunden, etwa jener von QASH, bei dem 350,000 Ethereum eingenommen wurden. Das entspricht derzeit etwa 220 Mio. Euro. Das liegt daran, dass Singapur die BlockchainTechnologie unterstützt und die ICOs von Utility Token nicht der Prospektpflicht unterliegen. Sogar dann nicht, wenn das eigentliche Produkt vom Emittenten noch gar nicht entwickelt wurde, sondern erst mit dem ICO finanziert werden soll
IIn China fand bisher die erfolgreichsten ICOs statt. „2017 hat sich das Land jedoch zu einem rigorosen Schritt entschlossen und die Durchführung von weiteren untersagt. Das gilt aber nicht für Hong Kong. Genauso ist es in Südkorea. „Wegen mangelnder Compliance mit kapitalmarktrechtlichen Regelungen dürfen hier keine ICOs stattfinden“, sagt Dobrowolski. Die EU, meint er, sollte sich rasch um transparente Regeln kümmern, wenn sie sich auch als Hub für ICOs und Unternehmen in der Blockchain-Technologie etablieren will. „Dieser Markt hat schließlich eine unglaubliche Dynamik.“