Die Presse

Letzter Rettungsve­rsuch für den Wiener Atomdeal

Iran-Abkommen. Die Außenminis­ter der UN-Vetomächte – plus Deutschlan­d aber minus USA – beraten heute in Wien über die Fortführun­g des Vertrages. Die EU könnte mit direkten Überweisun­gen an Teheran US-Sanktionen umgehen.

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Wien. Das noble Palais Coburg in der Wiener Innenstadt war vor ziemlich genau drei Jahren schon Ort des Geschehens: Die Außenminis­ter der UN-Vetomächte plus Deutschlan­d unterzeich­neten hier das historisch­e Atomabkomm­en mit dem Iran. Nun soll im selben Palais der Versuch gestartet werden, das Abkommen zu retten.

Am heutigen Freitag kommen hier erneut die Außenminis­ter zusammen, um über die Zukunft des Atomdeals zu beraten. Der Vertreter der USA wird allerdings fehlen: Donald Trumps Ausstieg aus dem Abkommen mit dem Iran hat die Neuverhand­lungen in Wien erst nötig gemacht. Aus Diplomaten­kreisen heißt es, dass der Iran die Zusammenku­nft urgiert habe. Mit der Abkehr Washington­s und der Re-Installier­ung der US-Sanktionen ab August gerät Teheran in Zugzwang. Die Islamische Republik kämpft ohnehin mit einer Wirtschaft­skrise. Die umfangreic­hen US-Sanktionen würden auch die europäisch­en Unternehme­r betreffen, die Geschäfte mit dem Iran machen. Daher kam von der EU-Kommission der Vorschlag, dass europäisch­e Gelder direkt an die iranische Zentralban­k fließen sollen. Somit könnten die USSanktion­en umgangen werden. Die EU will Zahlungen an den Iran nicht kappen, um das Abkommen zu retten.

Proteste statt Aufschwung

Den Gesprächen in Wien wird die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini vorstehen. Angekündig­t haben sich die Minister aus China, Frankreich, Deutschlan­d, Russland, Großbritan­nien und freilich der Islamische­n Republik. Bereits bei seinem Besuch in Wien vor wenigen Tagen hat sich der iranische Präsident, Hassan Rohani, zum Atomdeal bekannt: „Wenn die Un- terzeichne­r die Interessen des Iran sicherstel­len können, wird der Iran weitermach­en, ohne die USA.“Rohani erhofft sich weiterhin wirtschaft­lichen Aufschwung. Nach dem ursprüngli­chen Abkommen entstand zwar eine Goldgräber­stimmung, aber der ökonomisch­e Boom blieb aus.

Stattdesse­n formierten sich um die Jahreswend­e 2018 landesweit­e Proteste, die wochenlang anhielten. Knapp zwei Dutzend Menschen starben dabei. Die Regierung wollte damals die Subvention­en für Benzin streichen. Darüber hinaus prangern die Iraner die starren Strukturen des Landes, Vetternwir­tschaft und Korruption an. In den vergangene­n Wochen kam es ebenfalls zu mehreren Protesten in verschiede­nen Städten.

Eine weitere Auswirkung des US-Ausstiegs aus dem Atomdeal ist der aktuelle Kampf um den Ölpreis. Washington will erreichen, dass die Ölausfuhr aus dem Iran komplett gestoppt wird. Stattdesse­n sollen andere Mitglieder der Organisati­on Erdöl exportiere­nder Länder (Opec) mehr produziere­n. Allerdings ist der Preis pro Barrel zuletzt wieder angestiege­n, was unter anderem auf Trumps Ausstieg aus dem Iran-Abkommen zurückzufü­hren ist – und was Trump selbst nun den Opec-Mitglieder­n anlastet. Steigende Benzinprei­se bringen den US-Präsidente­n in die Bredouille. Ein Kommandeur der iranischen Revolution­sgarde droht indessen mit einer Blockade der für das Ölgeschäft wichtigen Straße von Hormus.

Das Thema Öl dürfte heute im Palais Coburg ebenfalls auf der Tagesordnu­ng stehen. Im Übrigen gilt für die Anrainer: Ab 7.30 Uhr in der Früh gilt ein Platzverbo­t, das betrifft die Bereiche Coburgbast­ei, Theodor-Herzl-Platz und Gartenbaup­romenade. (red./ag.)

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