Die Presse

Auslandsbr­iten klagen

EU-Gericht. Weltkriegs­veteran begehrt in Luxemburg die Aufhebung des Brexit-Verhandlun­gsmandats des Rates.

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Brüssel. Harry Shindler hat im Zweiten Weltkrieg als britischer Soldat an der Befreiung Roms von den Nazis teilgenomm­en, doch am Referendum über den Austritt seines Vaterlande­s im Juni 2016 durfte der heute 97-Jährige nicht teilnehmen. Shindler ist nämlich 1982 nach Italien übersiedel­t, wo er seinen Ruhestand verbringt. Nach 15 Jahren verwirken Auslandsbr­iten jedoch ihr Wahlrecht. Das ist nach der Ansicht Shindlers und zwölf weiterer Briten, die in verschiede­nen EU-Mitgliedst­aaten leben, eine illegale Diskrimini­erung – und somit Grund dafür, die BrexitVerh­andlungen zwischen London und Brüssel abzubreche­n.

Dieses Begehren brachten die Anwälte der Gruppe am Donnerstag vor dem Gericht erster Instanz in Luxemburg in mündlicher Verhandlun­g vor (T-458/17). Sie klagen konkret gegen den Ratsbe- schluss vom 22. Mai 2017, in dem die 27 Regierunge­n der Kommission das Mandat verliehen. Dies sei schon rein formal widerrecht­lich gewesen. Denn der Rat habe ausgeschlo­ssen, dass das BrexitAbko­mmen von allen Mitgliedst­aaten ratifizier­t werden muss. Das sei eine Kompetenza­nmaßung der EU (derzeit muss nur das Europaparl­ament zustimmen, der Rat mit qualifizie­rter Mehrheit). Bekämen die Kläger recht, müssten die Verhandlun­gen abgebroche­n werden. Was dann geschähe, ist unklar. Große Aussichten auf Erfolg hat die Klage aber nicht: Shindler scheiterte bereits vor britischen Gerichten, und der Rat hält ihn für nicht klagsbefug­t. Zwar hätten Personen das Recht, gegen Beschüsse der EU-Institutio­nen zu klagen. Doch müssten diese sie unmittelba­r betreffen – was beim Brexit-Mandat zweifelhaf­t ist. (GO)

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