Das ewige Talent tritt den Beweis an
Tennis. Dennis Novak wurde früh hochgelobt, Trainings- und Matchleistungen aber klafften zu oft weit auseinander. Im Gespräch mit der „Presse“sagt der 24-Jährige: „Ich habe Fehler gemacht.“
Tennis ist ein schnelllebiger Sport. Selbst außergewöhnliche Siege lassen sich nicht lange genießen, also stand Dennis Novak am Donnerstag schon wieder auf dem Trainingsplatz. Der Fünfsatzerfolg gegen den Weltranglisten-19., Lucas Pouille, tags zuvor hatte dem Niederösterreich ein „unglaubliches Gefühl“beschert, „jeder träumt davon, einmal in die dritte Runde eines Grand Slams einzuziehen“. Für Novak ist es eine Premiere, heute (Spielbeginn ab 11.30 Uhr, live in Sky) wartet mit dem Kanadier Milos Raonic die Nummer 32 der Weltrangliste.
Raonic scheint nur auf dem Papier eine leichtere Aufgabe zu sein als Pouille. Der 27-Jährige ist ein ausgewiesener Spezialist für schnelle Beläge, stand 2016 in Wimbledon schon im Finale und kletterte im selben Jahr bis auf Platz drei der Weltrangliste. Verletzungen warfen den gebürtigen Montenegriner immer wieder aus der Bahn, im All England Lawn Tennis and Croquet Club aber ist immer mit ihm zu rechnen.
Raonics Aufschlag zählt zu den härtesten und besten auf der Tour, bei seinem Zweitrundensieg gegen den Australier John Milmann gelangen ihm 34 Asse, der schnellste Aufschlag erreichte 236 km/h. „Es werden einige Aufschlagbomben auf mich zukommen, vieles wird unreturnierbar sein“, weiß Novak, der geduldig bleiben muss. „Wenn ich eine Chance bekomme, muss ich sofort zuschlagen.“
Dass der Niederösterreicher in Wimbledon mit fünf Siegen inklusive Qualifikation derart überraschen könnte, hatte sich nicht wirklich angekündigt. Zwar erreichte er bei den beiden jüngsten Challengerturnieren in Italien und der Slowakei das Halbfinale beziehungsweise Viertelfinale, gespielt wurde dort aber auf Sand. Novak kam, ohne ein Match auf Rasen bestritten zu haben, nach London, „weil die Rasen-Challenger so stark besetzt waren, dass ich nicht im Hauptbewerb gestanden wäre“.
Auf dem schnellsten aller Beläge fühlt sich der 24-Jährige ausgesprochen wohl. Seine flach ge- schlagene Rückhand ist prädestiniert für das Spiel auf Rasen, auch seine Vorhand hat im Vergleich zu jener von Dominic Thiem wenig Spin. Zudem kann Novak traditionell auf eine hohe Quote von ersten Aufschlägen zurückgreifen, serviert weniger hart denn platziert. Und: Seine Returnposition nahe der Grundlinie kommt ihm ebenfalls zugute.
Novak eilte in den vergangenen Jahren der Ruf des ewigen Talents voraus. Sein Umfeld versicherte immer wieder, dass er, Novak, über das spielerische Rüstzeug verfüge, um es in den elitären Kreis der Top 100 zu schaffen. Im Februar 2016 knackte er erstmals die Top 200, danach aber stagnierte die Karriere. Novak verlor viele knappe Matches, es fehlte an der nötigen Konstanz. Und: auch an der richtigen Einstellung. „Natürlich habe ich Fehler gemacht“, sagt der gebürtige Wiener Neustädter im „Presse“-Gespräch. Vor ein paar Jahren habe er noch nicht gewusst, was es alles brauche, um nach oben zu kommen. „Jede Person ist anders. Bei dem einen geht es schneller, beim anderen langsa- mer. Mittlerweile bin ich professioneller, habe ein gutes Team um mich herum und weiß, worauf es ankommt.“Doch worauf kommt es an? Novak: „Man muss tagtäglich sein Training abspulen, bei jedem Schlag voll bei der Sache sein und alles dem Sport unterordnen.“Kurzum: „Man muss einfach hart arbeiten.“
Gewiss hat sich Novak in der Vergangenheit zu sehr auf sein Talent verlassen, erst vergangenen Oktober hatte Trainer Günter Bresnik erklärt: „Er ist nicht der Spieler, der über diese außergewöhnliche Disziplin wie Dominic verfügt. Ich kann nicht fünf Tage trainieren und zwei Tage nicht. Dominic trainiert sieben Tage pro Woche.“
Auch deshalb hat Bresnik („er ist der Boss“) Novak bei vielen Turnieren seinen Freund und Ex-Eishockey-Teamspieler Peter Znenahlik zur Seite gestellt. „Es ist nicht so, dass ich während dem Match einen Trainer auf der Tribüne brauche, aber ich brauche jemanden, der mir sagt: ,So, und jetzt gehen wir trainieren.‘“