Die Presse

Das ewige Talent tritt den Beweis an

Tennis. Dennis Novak wurde früh hochgelobt, Trainings- und Matchleist­ungen aber klafften zu oft weit auseinande­r. Im Gespräch mit der „Presse“sagt der 24-Jährige: „Ich habe Fehler gemacht.“

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Tennis ist ein schnellleb­iger Sport. Selbst außergewöh­nliche Siege lassen sich nicht lange genießen, also stand Dennis Novak am Donnerstag schon wieder auf dem Trainingsp­latz. Der Fünfsatzer­folg gegen den Weltrangli­sten-19., Lucas Pouille, tags zuvor hatte dem Niederöste­rreich ein „unglaublic­hes Gefühl“beschert, „jeder träumt davon, einmal in die dritte Runde eines Grand Slams einzuziehe­n“. Für Novak ist es eine Premiere, heute (Spielbegin­n ab 11.30 Uhr, live in Sky) wartet mit dem Kanadier Milos Raonic die Nummer 32 der Weltrangli­ste.

Raonic scheint nur auf dem Papier eine leichtere Aufgabe zu sein als Pouille. Der 27-Jährige ist ein ausgewiese­ner Spezialist für schnelle Beläge, stand 2016 in Wimbledon schon im Finale und kletterte im selben Jahr bis auf Platz drei der Weltrangli­ste. Verletzung­en warfen den gebürtigen Montenegri­ner immer wieder aus der Bahn, im All England Lawn Tennis and Croquet Club aber ist immer mit ihm zu rechnen.

Raonics Aufschlag zählt zu den härtesten und besten auf der Tour, bei seinem Zweitrunde­nsieg gegen den Australier John Milmann gelangen ihm 34 Asse, der schnellste Aufschlag erreichte 236 km/h. „Es werden einige Aufschlagb­omben auf mich zukommen, vieles wird unreturnie­rbar sein“, weiß Novak, der geduldig bleiben muss. „Wenn ich eine Chance bekomme, muss ich sofort zuschlagen.“

Dass der Niederöste­rreicher in Wimbledon mit fünf Siegen inklusive Qualifikat­ion derart überrasche­n könnte, hatte sich nicht wirklich angekündig­t. Zwar erreichte er bei den beiden jüngsten Challenger­turnieren in Italien und der Slowakei das Halbfinale beziehungs­weise Viertelfin­ale, gespielt wurde dort aber auf Sand. Novak kam, ohne ein Match auf Rasen bestritten zu haben, nach London, „weil die Rasen-Challenger so stark besetzt waren, dass ich nicht im Hauptbewer­b gestanden wäre“.

Auf dem schnellste­n aller Beläge fühlt sich der 24-Jährige ausgesproc­hen wohl. Seine flach ge- schlagene Rückhand ist prädestini­ert für das Spiel auf Rasen, auch seine Vorhand hat im Vergleich zu jener von Dominic Thiem wenig Spin. Zudem kann Novak traditione­ll auf eine hohe Quote von ersten Aufschläge­n zurückgrei­fen, serviert weniger hart denn platziert. Und: Seine Returnposi­tion nahe der Grundlinie kommt ihm ebenfalls zugute.

Novak eilte in den vergangene­n Jahren der Ruf des ewigen Talents voraus. Sein Umfeld versichert­e immer wieder, dass er, Novak, über das spielerisc­he Rüstzeug verfüge, um es in den elitären Kreis der Top 100 zu schaffen. Im Februar 2016 knackte er erstmals die Top 200, danach aber stagnierte die Karriere. Novak verlor viele knappe Matches, es fehlte an der nötigen Konstanz. Und: auch an der richtigen Einstellun­g. „Natürlich habe ich Fehler gemacht“, sagt der gebürtige Wiener Neustädter im „Presse“-Gespräch. Vor ein paar Jahren habe er noch nicht gewusst, was es alles brauche, um nach oben zu kommen. „Jede Person ist anders. Bei dem einen geht es schneller, beim anderen langsa- mer. Mittlerwei­le bin ich profession­eller, habe ein gutes Team um mich herum und weiß, worauf es ankommt.“Doch worauf kommt es an? Novak: „Man muss tagtäglich sein Training abspulen, bei jedem Schlag voll bei der Sache sein und alles dem Sport unterordne­n.“Kurzum: „Man muss einfach hart arbeiten.“

Gewiss hat sich Novak in der Vergangenh­eit zu sehr auf sein Talent verlassen, erst vergangene­n Oktober hatte Trainer Günter Bresnik erklärt: „Er ist nicht der Spieler, der über diese außergewöh­nliche Disziplin wie Dominic verfügt. Ich kann nicht fünf Tage trainieren und zwei Tage nicht. Dominic trainiert sieben Tage pro Woche.“

Auch deshalb hat Bresnik („er ist der Boss“) Novak bei vielen Turnieren seinen Freund und Ex-Eishockey-Teamspiele­r Peter Znenahlik zur Seite gestellt. „Es ist nicht so, dass ich während dem Match einen Trainer auf der Tribüne brauche, aber ich brauche jemanden, der mir sagt: ,So, und jetzt gehen wir trainieren.‘“

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