Die überspannte Bordkante kommt ganz gelassen
Fahrbericht. Mit Reihensechser-Bonus: Der Mercedes CLS in dritter Generation als geschmeidiger Wandler zwischen Limousinen- und Coupe-´Welt.
Den ersten CLS von 2004 darf man schon zu den jungen Klassikern zählen, die nachfolgende Generation blieb von dieser betörenden Eigenart im Auftritt zwar etwas schuldig, glich aber mit der kühnen „Shooting Brake“-Variante als ziemlich einzigartiges Limo-Kombi-Coupe´ aus. Ein solches werden wir wohl in der aktuellen dritten Generation sehen.
Was allemal vielversprechend klingt, denn Mercedes hat einen würdigen neuen Vertreter der Baureihe, die zwischen Coupe-´Charisma und Limousinen-Geschäftigkeit oszilliert, auf die Räder gestellt. Design-Chef Gordon Wagener bemüht den Ausdruck der „sinnlichen Klarheit“, die jene gerade noch so angesagten Sicken und Kanten nach Möglichkeit einspart, stattdessen sollen Elemente wie die „überspannte Bordkante“für Pfiff sorgen. Was übrigens auch der Windschnittigkeit zugutekommt.
In jedem Fall ist Wagener ein Meister darin, die Ausmaße des Autos zu verschleiern. Bis haarscharf an die fünf Meter hat sich der CLS über drei Generationen herangepirscht, und er sieht knackiger und kompakter aus denn je. Dabei hilft natürlich eine Platt- form, die mehr Zugewinn im Radstand als in der Länge gestattet – womit es bei 2,94 Metern Radstand wirklich großzügig an Bord zugeht. Selten wird man den CLS wohl als Familienauto sichten, dabei könnte er das Aufgebot locker schultern. Die 520 Liter Kofferraum las- sen sich durch die 40:20:40 umlegbaren Rücksitze noch erweitern.
Haute Couture derweil im Innenraum, den Mercedes fast schon wie ein Manufakturlabel präsentiert. Passend zu den kunstvoll ausgeformten, in vielerlei Farbtönen beleuchteten Lüftungsdüsen die optionale Burmester-Soundanlage, deren Mitteltöner in der Türe ebenfalls beleuchtet sind.
Eitle Inszenierung ist nun einmal zu einem wichtigen Teil des Premiumgeschäfts geworden, sichtbarer für die Konsumenten als manche Komponente unter der Oberfläche. Wir wollen sie vor den Vorhang bitten: der neue Reihensechser ist die reine Freude. Mit der Bauweise hat Mercedes, wie aktuell immer mehr Hersteller, die noch Sechszylinder anbieten, die Abgasreinigung des Dieselmotors besser im Griff. Laufruhe, Klangmanieren, jubilierende Kraftentfal- tung über das dem Selbstzünder zur Verfügung stehende Drehzahlband – so will man das im Premiumfach haben.
Unverzichtbar mittlerweile: Allrad für die verlässliche Erdung der 600 Newtonmeter, die nicht viel über Standgas vollzählig aufspielen. Eine Neungangautomatik vermittelt die Schaltstufen, das Hebelchen sitzt beruhigenderweise immer noch an der Lenksäule.
Der gleiche Motor ist auch in einer Variante mit 340 PS/700 Nm zu haben, aber der 350d bietet um 82.290 Euro schon gerechten Dampf bei einer Ausstattung, die Aufpreise im Rahmen hält. (tiv)