Die Presse

Eine stille Revolution in der Wählerland­schaft der USA

Das Bild von der republikan­isch gesinnten weißen Mehrheit und demokratis­ch wählenden Minderheit­en stimmt nicht mehr.

- VON RALPH SCHÖLLHAMM­ER

Teflon-Don macht seinem Namen alle Ehre: Trotz der überwiegen­d negativen Berichters­tattung während des vergangene­n Monats klettern die Zustimmung­swerte für Präsident Donald Trump weiter nach oben. Laut der Website Realclearp­olitics, deren aggregiert­e Umfragewer­te als Goldstanda­rd in der Branche gelten, waren am 6. Juni 42 Prozent der Befragten zufrieden mit der Politik Trumps. Knapp ein Monat später, am 3. Juli, steht dieser Wert leicht erhöht bei 43 Prozent.

Das ist zwar keine Mehrheit, aber Trumps Umfragewer­te sind damit im selben Bereich wie jene seiner Vorgänger. Die wahre Überraschu­ng liegt jedoch woanders: Es ist nicht mehr nur die weiße Bevölkerun­g, sondern die wachsende Zustimmung unter Minderheit­en, die Trumps Popularitä­t antreibt.

Während ein Großteil der Medien noch damit beschäftig­t ist, den angeblich „Verrückten“im Weißen Haus zu analysiere­n, vollzieht sich im Stillen eine Revolution, die das politische Gleichgewi­cht der USA auf Jahrzehnte verschiebe­n könnte. Nichts fürchten Republikan­er und Demokraten mehr als ein sogenannte­s Realignmen­t der Wähler, bei der ganze Wählerblöc­ke von einer Partei zur anderen wechseln.

Der historisch bekanntest­e Fall des Realignmen­ts war das Umschwenke­n der Südstaaten von solide demokratis­ch zu republikan­isch als Folge der Bürgerrech­tsbewegung in den 1960er-Jahren. Der weiße Wählerbloc­k im Süden begann mehrheitli­ch republikan­isch zu wählen, während sich die afroamerik­anische Bevölkerun­g und andere Minderheit­en den Demokraten zuwandten.

Die Republikan­er wurden in den Augen vieler zur Partei eines weißen, konservati­ven Amerika, während die Demokraten für eine progressiv­e und multikultu­relle Vi- sion der USA standen. Diese beiden Bilder spiegelten sich auch im Wahlverhal­ten der Bevölkerun­g wider: In den letzten zehn Jahren stimmten über 65 Prozent der Hispanics für Kandidaten der Demokraten, bei der schwarzen Bevölkerun­g waren es sogar zwischen 88 (Hillary) und 93 Prozent (Obama). Angesichts des schrumpfen­den weißen Bevölkerun­gsanteils schien es, als ob die Demokraten einer immer solider werdenden künftigen Mehrheit entgegenbl­icken könnten.

Doch dann kam Trump: Bereits in der Wahlnacht zeichnete sich ab, dass die nationalis­tische Rhetorik nicht den erwarteten Abschrecku­ngseffekt auf Minderheit­en hatte. Zwar waren die Werte wie für alle republikan­ischen Kandidaten katastroph­al, aber die acht Prozent bei schwarzen Wählern und jeweils knapp 29 Prozent bei Latinos und asiatischs­tämmigen Amerikaner­n waren ein besseres Ergebnis als jenes von Mitt Romney vier Jahre zuvor.

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