Medikamente nur auf Rezept
Verschreibungen. Wann ein Arzneimittel mit und wann es ohne Rezept erhältlich ist, regelt in Österreich das Rezeptpflichtgesetz recht streng. Zum Leidwesen der Pharmaunternehmen. Sie dürfen nämlich nur rezeptfreie Medikamente bewerben.
Wien. Das Medikament Contergan war in Österreich – anders als in Deutschland – rezeptpflichtig. Deshalb gab es in Österreich nur wenige Schädigungen durch Contergan.
Ob ein Wirkstoff ohne oder nur mit Rezept von Apothekern abgegeben werden darf, regelt EU-weit die Richtlinie 2001/83/ EG (Gemeinschaftskodex für Humanmedizin) unter Titel VI. National wurden diese Bestimmungen in Österreich im Rezeptpflichtgesetz im Vergleich zu anderen Ländern eher streng umgesetzt. Ohne ein Rezept (auch Over the Counter, OTC) kann der Kunde demnach ein Medikament im Prinzip nur dann erwerben, wenn ihm die Selbstdiagnose seiner Erkrankung möglich ist und das Arzneimittel in der Anwendung so sicher ist, dass er es ohne ärztliche Betreuung zu sich nehmen kann. Darunter fallen vor allem Arzneien gegen Schmerzen, Husten und Erkältungen. Sind diese – ohnehin eher schwammigen – Vorgaben nicht erfüllt, darf die Arz- neimittelbehörde das Medikament nur rezeptpflichtig zulassen.
Pharmaunternehmen beantragen bei der Zulassung von Arzneimitteln, wenn es nur irgendwie möglich ist, gern Rezeptfreiheit für ihr Produkt. Für den Umsatz hat das nämlich große Auswirkungen. Nur rezeptfreie Medikamente dürfen in Österreich und der Europäischen Union in Fernsehen und Zeitung beworben werden. Die Vermarktung ist damit wesentlich leichter.
Prüfungen gibt es laufend
Was sich ein Pharmaunternehmen bei der Zulassung wünscht, darf sich auf das Ergebnis des Prüfungsverfahrens freilich nicht auswirken. Die Arzneimittelbehörde muss sich an die Gesetze halten und hat dabei einen gewissen Spielraum. In Österreich sind nur rund 30 Prozent der auf dem Markt befindlichen Medikamente rezeptfrei, der Rest ist lediglich gegen Verschreibung zu bekommen. Es gibt aber auch Medikamente, die einmal rezeptfrei zugelassen wurden und – wie sich später im Gebrauch herausstellt – doch besser nur mit einer ärztlichen Verschreibung zu bekommen sein sollten. Wird so ein Fall der Behörde bekannt, muss sie eine neue Prüfung veranlassen und über das Medikament eine Rezeptpflicht verhängen. Vor einigen Jahren geschah das europaweit etwa bei dem schmerzstillenden Wirkstoff Ketoprofen, als bekannt wurde, dass es bei seiner Anwendung zur Sonnen- und Lichtunverträglichkeiten kommt. Apropos Verschreibung:
AUF EINEN BLICK
Ob ein Medikament in der Apotheke ohne oder nur mit Rezept erhältlich ist, regelt EU-weit die Richt
linie 2001/83/EG. National wurden diese Regelungen im Rezeptpflichtgesetz umgesetzt. Im Vergleich zu anderen EU-Staaten gilt dieses Gesetz als relativ streng. Rund 70 Prozent der auf dem österreichischen Markt käuflichen Medikamente sind rezeptpflichtig. Diese dürfen Apotheker nur im
Notfall, etwa wenn es am Wochenende oder in der Nacht dringend benötigt wird, nach eigenem Ermessen abgeben. Medikamente, die rezeptpflichtig sind, dürfen in Österreich weder im Fernsehen noch in der Zeitung noch anderswo von den Herstellern beworben werden. Dass es Apotheker mit der Einhaltung der Rezeptpflicht nicht immer so genau nehmen, ist auch kein Geheimnis. An sich dürfen sie nach dem Gesetz ein Medikament im „Notfall“, etwa wenn es am Wochenende oder in der Nacht dringend gebraucht wird, in der kleinsten Packungsgröße nach eigenem Ermessen abgeben.
Immer intensiver sind die Behörden in den vergangenen Jahren auch mit dem Thema Pharmakovigilanz befasst: Damit ist die systematische Überwachung der Sicherheit und Wirkung von bereits zugelassenen Medikamenten zu verstehen. Ein wichtiger Part für die Arzneimittelsicherheit, denn zum Zeitpunkt der Erstzulassung ist das Wissen über die Wirkung trotz genauer Prüfung noch immer nicht vollständig. Bei klinischen Studien werden Menschen zumeist unter ganz bestimmten Kriterien ausgesucht, und die Patientenzahl, an der das Mittel getestet wurde, ist vergleichsweise gering. In Europa muss deshalb jedes einmal zugelassene Medikament nach fünf Jahren erneut auf Wirksamkeit und Sicherheit überprüft werden.