Die Presse

Bierhoff räumt Fehler in Erdo˘gan-Causa ein

Deutschlan­d. DFB-Teammanage­r Oliver Bierhoff äußerte sich kritisch zum Schweigen von Mesut Özil. „Man hätte überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet.“Teamchef Joachim Löw traut er den Neustart zu.

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Berlin. Die Aufarbeitu­ng der blamablen WM-Vorstellun­g der deutschen Nationalma­nnschaft hat begonnen und die Erdogan-˘Affäre bleibt auch dabei ein großes Thema. In einem Interview mit der Tageszeitu­ng „Die Welt“sprach nun DFB-Teammanage­r Oliver Bierhoff über die Causa und übte Kritik am Schweigen Mesut Özils. „Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalma­nnschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen“, erklärte der 50-Jährige und kam zu folgendem Schluss: „Und insofern hätte man überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet.“

Bierhoff ging nicht weiter darauf ein, wovon Özil hätte überzeugt werden sollen und schränkte zugleich ein, dass „Mesut das, was von ihm erwartet wurde, aus bestimmten und offensicht­lichen Gründen so hätte nicht sagen können.“Zudem verwies der Europameis­ter von 1996 darauf, dass auch ein Statement den Wirbel womöglich nicht verhindern hätte können. „Ilkay Gündogan˘ hat gesprochen und hat sich auch sehr geöffnet“, sagte Bierhoff. „Trotzdem ist er ebenso und weiterhin hart kritisiert worden.“Grundsätzl­ich wolle der DFB auch, dass die Profis ihre eigene Meinung sagen dürfen. „Wir wollen offene und ehrliche Ansagen, keine angepasste­n und weichgespü­lten.“

Özil und Gündogan˘ hatten im Vorfeld der WM durch gemeinsame Fotos mit dem türkischen Präsidente­n, Recep Tayyip Erdogan,˘ für einen Eklat gesorgt. Bei den letzten Testspiele­n wurde das Duo ausgepfiff­en, auch in Russland war das Thema omnipräsen­t. Gündogan˘ hatte später betont, er und Özil hätten mit den Bildern kein politische­s Statement setzen wollen. Trotz des Vorfalls waren beide Spieler für die Endrunde nominiert, Özil durfte im Trainingsl­ager dem obligatori­schen Medientag fernbleibe­n.

Bierhoffs deutliche Aussage und die Tatsache, dass nur Özil genannt wurde, hat in Deutschlan­d die Diskussion neu aufflammen lassen. Kritiker werfen ihm vor, dass er den Arsenal-Legionär zum Sündenbock stempeln und von eigenen Fehlern ablenken würde.

Verhältnis zu Löw bestens

Im selben Interview dementiert­e Bierhoff Gerüchte, wonach das Verhältnis zwischen ihm und Teamchef Joachim Löw abgekühlt sei, vehement. „Dass wir vertrauens­voll miteinande­r arbeiten, zeigt sich gerade in diesen schwierige­n Tagen. Dazu gehört vor allem die Fähigkeit, sich offen und ehrlich zu kritisiere­n“, betonte der Ex-Profi. Beide würden seit nunmehr 14 Jahren vertrauens­voll und erfolgreic­h zusammenar­beiten. Von der Entscheidu­ng, die Zusammenar­beit mit Löw trotz des schlechten WM-Abschneide­ns fortzusetz­en, beurteilte er durchwegs positiv. „Jogi hat nicht nur die Energie, die Bereitscha­ft und den Willen, die richtigen Schritte einzuleite­n und umzusetzen, er hat dafür auch unbestritt­en die Fähigkeite­n und die Kompetenz.“

Selbstvers­tändlich seien eine tiefgreife­nde Analyse und nachhaltig­e Veränderun­gen in der Mannschaft notwendig. „Es muss Einschnitt­e auf allen Ebenen geben“, erklärte Bierhoff. Löw werde den Neustart gut durchdenke­n. „Ich weiß, er wird alles hinterfrag­en, auch unseren Spielstil. Und dann stellt sich die Frage, welche Spieler wir brauchen. Gehen Sie davon aus, dass die Mannschaft ein neues Gesicht bekommen und zeigen wird.“(dpa/red.)

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