Die Presse

Sollen Märkte die Euroländer disziplini­eren?

Maastricht funktionie­rt nicht – aber was soll stattdesse­n kommen?

- Josef.urschitz@diepresse.com

Die von Deutschlan­d und Frankreich vehement betriebene Reform der Eurozone steht derzeit ziemlich weit oben auf der Agenda. Zu Recht, denn die Steuerungs­mechanisme­n, die für das Funktionie­ren einer Währungsun­ion essenziell sind, funktionie­ren nicht so recht. Im Prinzip macht jeder, was er will.

Das könnte noch während der österreich­ischen EU-Präsidents­chaft sehr unangenehm eskalieren. Denn die Lage in Italien ist anhaltend fragil. Das Land leidet unter sehr hohen Realzinsen. Sollte es in eine Rezession schlittern, dann ist bei den Staatsfina­nzen endgültig Feuer am Dach.

Die folgende Krise wäre, schon wegen der Größe der italienisc­hen Volkswirts­chaft, mit den herkömmlic­hen Mitteln kaum einzufange­n. Und auch die angepeilte­n neuen Maßnahmen, etwa das gemeinsame Eurozonen-Budget, das zudem ein mittelfris­tiges Projekt ist, würden an dieser Aufgabe wohl scheitern.

Wir haben es eben mit dem sattsam bekannten Konstrukti­onsfehler eines fehlenden Disziplini­erungsinst­ruments zu tun, mit dem eine einigermaß­en konsistent­e Fiskalpoli­tik durchgeset­zt werden könnte.

Die schon mehrhunder­tfach gebrochene­n Maastricht-Kriterien erfüllen diese Funktion jedenfalls nicht. Und das Eurozonenb­udget auch nicht. So viel Souveränit­ät werden die Euroländer nicht abtreten. D er frühere IWF-Ökonom Ashoka Mody hat nun in der „NZZ“einen radikalen, aber interessan­ten Vorschlag gemacht: Man möge die Maastricht-Regeln, an die sich sowieso niemand hält, abschaffen. Und die Disziplini­erung der Euroländer den Finanzmärk­ten überlassen. Etwa durch einen automatisi­erten Schuldensc­hnittmecha­nismus, falls die Prämien für die Versicheru­ng gegen den Ausfall einer Staatsanle­ihe eine Grenze übersteige­n.

Das würde Kreditgebe­r deutlich vorsichtig­er machen und Länder zwingen, ihre Finanzen in Ordnung zu halten, um diese Art von „default“zu verhindern. Klingt, wie gesagt radikal, aber (zumindest als Übergangsi­nstrument) nicht unplausibe­l. Damit nicht ständig alle anderen für die Misswirtsc­haft Einzelner einstehen müssen.

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