Die Presse

Sind „rechte“Intellektu­elle per se unredlich?

Eine Nachfrage bei Feridun Zaimoglu – zu seiner Rede in Klagenfurt.

- VON ANNE-CATHERINE SIMON

„Es gibt keinen redlichen rechten Intellektu­ellen. Es gibt keinen redlichen rechten Schriftste­ller“: Was meinte der deutsche Schriftste­ller Feridun Zaimoglu, einer der sprachgewa­ltigsten seines Landes, in seiner Rede zur Eröffnung des Bachmann-Wettlesens, als er erklärte, dass „rechte Intellektu­elle“und „rechte Schriftste­ller“per se nicht redlich sein könnten? Was meinte er mit rechts, welche Autoren sollen sich mit diesem Etikett angesproch­en fühlen?

Zaimoglu definierte in seiner leidenscha­ftlichen Rede „rechts“so: „Wer die Eigenen gegen die Anderen ausspielt und hetzt, ist rechts. Punkt.“Statt von „Rechten“spricht er auch von den „neuen alten Patrioten“und von „Reaktionär­en“. Auf die Frage der „Presse“, wer für ihn dazugehöre, verweist er auf die Unterzeich­ner der im März dieses Jahres veröffentl­ichten lakonische­n „Erklärung 2018“, die im Mai mit 62.000 Unterzeich­nern dem Bundestag übergeben wurde: „Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschlan­d durch die illegale Masseneinw­anderung beschädigt wird. Wir solidarisi­eren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrie­ren, dass die rechtsstaa­tliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederherg­estellt wird.“Unter den Unterzeich­nern findet sich ein einziger renommiert­er Schriftste­ller: der für seinen Roman „Der Turm“berühmte, zuletzt wegen Aussagen zur deutschen Einwanderu­ngspolitik der AfD-Nähe bezichtigt­e Dresdner Uwe Tellkamp. Die ebenfalls bekannte 77-jährige Autorin Monika Maron sagte in einem Interview, dass sie die Erklärung 2018 vielleicht ebenfalls unterschri­eben hätte, hätte sie deren große Wirkung geahnt.

Zaimoglus Rede erinnert in wenig an die mächtige Rhetorik christlich­er Strafpredi­gt – ein Nachhall seines 2017 erschienen­en Luther-Romans „Evangelio“? „Ich wollte keine Angeberei mit akademisch­en Floskeln“, sagt Zaimoglu. „Akademisch­e Wörter verschlier­en und verbrämen die Welt. Ich habe die Nähe zu Mensch, Stoff und den Wörtern gesucht.“Man solle, wenn es um Migration gehe, „nüchtern über Missstände sprechen und wie man sie lösen kann. Das ist aber nicht das Spiel dieser Leute. Sie beschwören böse Geister und kommen über die Feindmarki­erung zum Eigenen.“

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