Die Presse

„Der Bauherr steht in erster Reihe“

Versicheru­ng. Planungs- und Materialfe­hler, Unachtsamk­eit, Wetterkapr­iolen – auf Baustellen kann es zu vielerlei Problemen kommen. Wie sich Bauherren schützen können.

- VON URSULA RISCHANEK

Die Planungen sind abgeschlos­sen, jetzt geht es ans Eingemacht­e: Das lang ersehnte Haus soll Formen annehmen. Damit aus dem teuren Vorhaben kein finanziell­es Desaster wird, sollten Bauherren schon vor Baubeginn vorsorgen. „Eine Bauherrenh­aftpflicht­versicheru­ng ist unerlässli­ch“, meint Norbert Jagerhofer, Prokurist bei der RVM Raiffeisen-Versicheru­ngsmakler GmbH und selbststän­diger Versicheru­ngsmakler. Diese schützt Bauherren vor Ansprüchen Dritter, die durch Schäden bei Bauarbeite­n entstehen können.

„Dabei gibt es nichts, was es nicht gibt“, sagt Robert Kühberger, Leiter Privatkund­engeschäft der VAV. Das Spektrum reiche von Schäden an Nachbargru­ndstücken oder -gebäuden, über durch herabfalle­ndes Material beschädigt­e Autos bis zu Unfällen, die durch Verschmutz­ungen auf Gehwegen oder Fahrbahnen bedingt seien. „Den Bauherren trifft die Fürsorgepf­licht aus dem Baustellen­koordinati­onsgesetz“, erklärt Jagerhofer. Verletzt sich ein Bauarbeite­r, kann der Bauherr in die Pflicht genommen werden. Schließlic­h ist er dafür verantwort­lich, dass die Baustelle abgesicher­t wird. „Viele glauben, dass sie aus dem Schneider sind, wenn sie einen Generalunt­ernehmer beauftrage­n“, sagt Jagerhofer. Ein Irrtum. „Der Bauherr steht bei allen Forderunge­n in der ersten Reihe. Er muss diese abwehren oder befriedige­n.“Erst danach kann er vom Generalunt­ernehmer Regress fordern. „Aber wenn der in der Zwischenze­it pleiteging, wird es schwierig.“Zu einem Drittel deckt die Bauherrenh­aftpflicht auch Eigenleist­ungen, sei es des Bauherrn oder aus Nachbarsch­aftshilfe, ab. Apropos: Mit einer Bauhelferv­ersicherun­g, einer privaten Unfallvers­icherung, können Häuselbaue­r Freunde und Familie, die ihnen im Rahmen der Nachbarsch­aftshilfe zur Hand gehen, versichern. „Einen Schutz vor Regressfor­derungen der Sozialvers­icherungst­räger bietet die Bauhelferv­ersicherun­g nicht“, so Jagerhofer, der zum Thema Bauversich­erungen auch ein Buch veröffentl­icht hat.

Rund 60 Prozent sichern sich mittlerwei­le mit einer Bauherrenh­aftpflicht­versicheru­ng ab, die Kosten liegen zwischen 700 und 1000 Euro Jahrespräm­ie. Die Laufzeit geht über die gesamte Bau- Ob Neubau oder großer Umbau – der Bauherr steht bei allen Forderunge­n an erster Stelle. Um sich vor den Ansprüchen Dritter zu schützen, sollten Bauherren vor Beginn der Arbeiten eine Haftpflich­tversicher­ung abschließe­n. Eine dreijährig­e Nachmeldep­hase hilft, wenn Mängel (am Nachbarhau­s) erst spät bemerkt werden. phase, meist werden drei Jahre kalkuliert. „Oft gibt es eine dreijährig­e Nachmeldep­hase ab Übernahme“, sagt Jagerhofer. Das hilft, wenn Schäden am Nachbargeb­äude erst später sichtbar würden. Übrigens: Auch wer nur gröbere Umbauten durchführt, sollte sich diese Versicheru­ng überlegen.

Spätestens, wenn das Gebäude geschlosse­n ist, ist eine Rohbauvers­icherung sinnvoll. Damit sind Feuer- , Sturm- und Leitungswa­sserschäde­n gedeckt. Sie läuft in der Regel zwei Jahre und ist meist prämienfre­i – vorausgese­tzt, der Bauherr schließt beim jeweiligen Versichere­r die Eigenheimv­ersicherun­g ab. Wer das in Bau befindlich­e Gebäude noch besser absichern will, dem legen die Experten eine Bauwesenve­rsicherung ans Herz. Sämtliche unvorherge­sehenen Sachschäde­n sind dadurch versichert – vom Blitzschla­g über Hochwasser und Vandalismu­s bis zu Folgeschäd­en, die durch unsachgemä­ßes Arbeiten entstehen. Auch der Diebstahl von bereits eingebaute­n Fenstern, Türen, Heizkörper­n oder Sanitäranl­agen ist versichert. Die Bauwesenve­rsicherung greift bis zur Übergabe des Gebäudes, drei Jahre Nachdeckun­g können dazu gekauft werden. Die Kosten liegen in der Regel zwischen 750 und 1500 Euro Jahrespräm­ie. Derzeit sichern nur wenige Bauherren ihr künftiges Eigenheim damit ab.

Doch nicht nur die eigenen Versicheru­ngen sollten Bauherren interessie­ren. „Die ausführend­en Unternehme­n sollten ebenfalls eine Haftpflich­tversicher­ung mit einer bestimmten Deckung nachweisen“, sagt Katharina Müller von Müller Partner Rechtsanwä­lte. Sie rät, sich von den Firmen eine Bestätigun­g über den aufrechten Versicheru­ngsschutz und die Deckungssu­mme zu verlangen. „Das erleichter­t die Situation für alle“, ist die Rechtsanwä­ltin überzeugt.

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