Die Presse

Demokratie­n unter Druck, Autokratie­n groß in Mode

Die westlichen Demokratie­n werden gegenwärti­g von innen und außen herausgefo­rdert. Höchste Zeit, sie neu zu beleben.

- VON JOHANNES KUNZ

Recep Tayyip Erdogan˘ hat in der Türkei gerade einen Wahlsieg eingefahre­n und aufgrund einer Verfassung­sreform seine Allmacht als Staatspräs­ident noch weiter ausgebaut. Wenn seine Herausford­erer im Wahlkampf auch keine Chancengle­ichheit hatten, ist seine Anziehungs­kraft auf die Massen in der Türkei doch evident.

Unter seinen ersten Gratulante­n waren der russische Autokrat Wladimir Putin, der den Zerfall der Sowjetunio­n durch eine Rückkehr Russlands zum Großmachts­tatus wettmachen will und der, wenn erforderli­ch, seine politische­n Gegner von Wahlen ausschließ­en lässt.

Rasch gratuliert­e dem türkischen Wahlsieger auch der ungarische Regierungs­chef Viktor Orban,´ der für sein Herrschaft­ssystem den widersprüc­hlichen Begriff „illiberale Demokratie“erfunden hat und dem inzwischen seitens der EU ein Verfahren wegen der Ver- letzung von Grundwerte­n der Union droht. Autokratie­n sind derzeit groß in Mode, während die Demokratie­n von innen und außen unter immer größerem Druck stehen.

Die Autokraten spielen gekonnt auf der Klaviatur des Nationalis­mus. Der chinesisch­e Präsident Xi Jinping etwa ist weniger Kommunist traditione­ller Prägung, sondern vielmehr Nationalis­t. Gleichzeit­ig scheint gegenwärti­g der chinesisch­e Staatskapi­talismus den liberalen Marktwirts­chaften des Westens überlegen.

In den Vereinigte­n Staaten wiederum propagiert Donald Trump mit seinem protektion­istischen „America first“-Kurs gerade einen Handelskri­eg nicht nur gegen die Volksrepub­lik China, sondern auch gegen Verbündete wie Japan, Kanada oder die EU. Und Trump kampagnisi­ert gegen das Justizsyst­em und die freien Medien, zwei der tragenden Säulen der amerikanis­chen Demokratie.

Trump verbreitet geradezu täglich Unwahrheit­en, die von ultrarecht­en Propagandi­sten bei Fox News oder Breitbart wohlwollen­d verstärkt werden, während er den Mainstream­medien, die zu Recht jeden seiner politische­n Schritte kritisch hinterfrag­en, die Produktion von „Fake News“vorwirft.

Den Rassismus der Alt-RightBeweg­ung, die die Identität der schrumpfen­den weißen Bevölkerun­g durch die multikultu­relle Einwanderu­ngsgesells­chaft der USA, die „politische Korrekthei­t“und Gesetze zur Förderung der sozialen Gerechtigk­eit bedroht sieht, nützt Trump ganz bewusst politisch aus.

So wie in Europa die Migration das rechte politische Lager stärkt, verhält es sich auch in den Vereinigte­n Staaten. Und man knüpft bereits Netzwerke über Landesgren­zen, Kontinente und den Atlantik. Trumps ehemaliger Berater Stephen Bannon, der Erfinder der „Make America great again“Bewegung, tourte vor kurzem

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