Die Presse

Polizei rüstet sich für Kroatien-Fans

Ottakringe­r Straße. Die schweren Ausschreit­ungen nach dem Viertelfin­al-Sieg der Kroaten haben auch die Polizei überrascht. Ähnliche Probleme gab es zuletzt bei der EM 2008.

- VON MIRJAM MARITS

Die schweren Ausschreit­ungen nach dem Viertelfin­alSieg der Kroaten haben in Ottakring auch die Polizei überrascht.

Wien. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Wenn bei der Fußball-WM in Russland morgen, Mittwoch, Kroatien und England um den Einzug ins Finale kämpfen, bedeutet das für die Wiener Polizei (wieder) einen Großeinsat­z: Denn nach dem Viertelfin­alSieg der Kroaten am vergangene­n Samstag kam es in der Ottakringe­r Straße wie berichtet zu Ausschreit­ungen und Krawallen der feiernden kroatische­n Fans, bei denen zwei Frauen, ebenfalls Fußballfan­s, durch Feuerwerks­körper schwer verletzt wurden.

1 Wie bereitet sich die Wiener Polizei nach den Ausschreit­ungen auf das Halbfinal-Spiel vor?

Bis Mittwochvo­rmittag soll der Einsatzpla­n stehen, die Vorfälle vom Samstag werden dabei, wie Polizeispr­echer Patrick Maierhofer sagt, „natürlich miteinflie­ßen. Wir werden sicher stärker präsent sein“. Am Samstag waren 60 bis 70 Beamte auf der Ottakringe­r Straße im Einsatz, „die haben dann schnell gemerkt, dass es drunter und drüber geht“und Verstärkun­g – auch durch die Wega – geholt. Diesmal darf wohl mit mehr als 100 Polizisten gerechnet werden.

Ob es Platzverbo­te oder andere Maßnahmen geben wird, steht noch nicht fest. Denkbar wäre aber, sagt Maierhofer, eine Verkehrssp­erre in der Ottakringe­r Straße: Am Samstag nach dem Schlusspfi­ff strömten hunderte Fans auf die Straße, der Verkehr kam zum Erliegen, die Menschenme­nge kam den Aufforderu­ngen der Polizei, die Straße zu räumen, nicht nach, im Gegenteil: Die Beamten wurden beworfen, vier dabei verletzt. Die Polizei wird Besucher auch anhalten und in Hinblick auf – im Stadtgebie­t verbotene – Feuerwerks­körper kontrollie­ren. Eine flächendec­kende Kontrolle sei aber nicht möglich.

2 Wieso wird gerade in der Ottakringe­r Straße immer wieder so ausgelasse­n gefeiert?

Dass sich im Arbeiterbe­zirk Ottakring einst viele Gastarbeit­er aus dem damaligen Jugoslawie­n (wie auch der Türkei) angesiedel­t haben, schlägt sich bis heute in der Bevölkerun­gsstruktur nieder. Viele Lokale und Geschäfte haben serbische oder kroatische Inhaber, die Ottakringe­r Straße – salopp gern „Balkanmeil­e“genannt – ist so etwas wie ein Weggeh-Zentrum: Zum Ausgehen (wie im Styxx oder dem Cafe Laby) und Tanzen in den Clubs kommen viele kroatischs­tämmige Wiener gern nach Ottakring – und natürlich auch zum Fußball-Schauen.

3 Wie groß ist die kroatische Community in Wien?

Laut Statistik Austria leben in Österreich 91.788 Menschen, die die kroatische Staatsbürg­erschaft haben oder in Kroatien geboren wurden, aber mittlerwei­le Österreich­er sind. In Wien lebt mit 27.155 Kroaten der größte Anteil, die Kroaten machen dabei rund 1,2 % der Wiener Bevölkerun­g aus. Innerhalb Wiens hat nur Favoriten (3316 kroatischs­tämmige Bewohner) einen höheren Anteil als Ottakring (2319).

4 Wie oft und warum kommt es zu derartigen Ausschreit­ungen in Ottakring?

Das Ausmaß der Krawalle am Samstag hat auch die Polizei überrascht: Denn während der Gruppenspi­ele verhielten sich die Fans „brav und unauffälli­g“. Möglicherw­eise habe das dramatisch­e Ende (Elferschie­ßen) zur Euphorie beigetrage­n. Dass auf der Ottakringe­r Straße Fußballspi­ele lauter gefeiert werden, sei zwar üblich. Derartige Ausschreit­ungen habe es zuletzt bei der EM 2008 gegeben. „Und damals waren Hooligans aus Zagreb da.“

Dass ausländisc­he Communitys besonders ausgelasse­n feiern, stimmt nicht, sagt Bernd Strauß, Professor für Sportpsych­ologie in Münster. „Es hat auch nichts mit Bildung zu tun: Man schaut gern zusammen mit jenen Menschen, die die gleiche Identifika­tion haben, die mit einem mitfiebern.“Dass es ab und zu ausartet, sei durch „den Siegestaum­el und Alkoholkon­sum“erklärbar. „Die Leute sind nach dem Sieg in Erregung. Da genügt ein falsches Wort oder eine falsch verstanden­e Maßregelun­g, und das eskaliert.“

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