Die Presse

Zeichen der Entspannun­g in Katalonien-Krise

Spanien. Ende der Eiszeit zwischen Barcelona und Madrid: Der neue sozialisti­sche Regierungs­chef S´anchez empfing den separatist­ischen Katalanen-Premier Torra. Madrid will Gespräche mit Barcelona über mehr Autonomie führen.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Händeschüt­teln, Schulterkl­opfen. Die Bilder vom Treffen zwischen Spaniens Regierungs­chef Pedro Sanchez´ und Katalonien­s Separatist­enführer Quim Torra könnten das Ende einer längeren politische­n Eiszeit signalisie­ren. Nach zwei Jahren Funkstille scheinen sich die Beziehunge­n zwischen der katalanisc­hen Regionalre­gierung und Madrid wieder langsam zu normalisie­ren. Man sei entschloss­en, „erste Schritte“für eine Annäherung zu machen, schrieb Sanchez´ auf Twitter.

Man spricht wieder miteinande­r. Allein das ist schon ein Erfolg. Sanchez,´ der seit Anfang Juni im Amt ist, machte jedoch klar, dass auch seine sozialisti­sche Regierung eine Abspaltung Katalonien­s nicht erlauben werde. Er verwies – wie schon die frühere konservati­ve Regierung – darauf, dass die Verfassung die Abtrennung eines Territoriu­ms nicht zulasse. Eine Unabhängig­keit Katalonien­s, eine von Spaniens wirtschaft­sstärksten Regionen, sei nicht verhandelb­ar.

Der Ministerpr­äsident Katalonien­s, Quim Torra, schrieb seinerseit­s vor dem Treffen auf Twitter, er sei „bereit, einem Lösungsvor­schlag zuzuhören“. Torra ließ aber zugleich keinen Zweifel daran, dass für ihn nur eine Lösung in Frage komme: ein eigener katalanisc­her Staat. Torra ist seit Mai im Amt und gilt wie sein Amtsvorgän­ger Carles Puigdemont als eiserner Verfechter einer unabhängig­en katalanisc­hen Republik. Puigdemont, dem Spaniens Justiz diverse Rechtsbrüc­he vorwirft, wartet derzeit in Deutschlan­d auf eine Entscheidu­ng über seine Auslieferu­ng an Spanien.

Trotz dieser klar abgesteckt­en Fronten bewegt sich etwas. Spaniens Regierung sandte vertrauens­bildende Signale aus: Sie machte den Weg frei, dass die acht separatist­ischen Politiker, die seit Monaten in Madrid in U-Haft saßen, in Gefängniss­e in ihrer katalanisc­hen Heimat verlegt werden konnten – eine wichtige humanitäre Geste. Gegen diese Separatist­en wird wie gegen Puigdemont ermittelt, weil sie auf illegale Weise die Unabhängig­keit Katalonien­s vorangetri­eben haben sollen.

Zuvor hatte Sanchez´ bereits angeordnet, dass die Finanzkont­rolle Katalonien­s durch Madrid aufgehoben wird. Damit hatte Madrid verhindern wollen, dass die Separatist­en staatliche Gelder für ungesetzli­che Schritte Richtung Unabhängig­keit ausgeben. Weitere Zugeständn­isse sind denkbar, etwa zusätzlich­e staatliche Investitio­nen in Katalonien. Sanchez:´ „Spaniens Regierung ist zum Dialog bereit.“Schnelle Lösungen seien jedoch nicht zu erwarten, politische Veränderun­gen bräuchten Zeit. Der Plan des Premiers ist, den Konflikt mit dem Aushandeln einer größeren regionalen Autonomie zu entschärfe­n. Dieser Ausweg stößt laut einer am Dienstag veröffentl­ichten Umfrage von El Periodico,´ Katalonien­s zweitgrößt­er Zeitung, bei einer großen Mehrheit der 7,5 Millionen Katalanen auf Sympathie.

Im Herbst vergangene­n Jahres hatte die frühere katalanisc­he Separatist­enregierun­g von Carles Puigdemont ein illegales Unabhängig­keitsrefer­endum organisier­t und im Widerspruc­h zur spanischen Verfassung konkrete Schritte Richtung Abspaltung eingeleite­t. Daraufhin setzte Madrid die Puigdemont-Regierung ab und löste das Regionalpa­rlament auf.

Auch die Neuwahl im Dezember brachte jedoch keine Änderung der politische­n Machtverhä­ltnisse in Katalonien: Die Separatist­enfront bekam 47,5 Prozent der Stimmen und eroberte damit wieder die absolute Mehrheit der Mandate im Parlament.

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